Dass Bitcoin auf der Republica 2014 kaum eine Rolle spielte, hatte mich damals sehr verwundert. Vor allem, weil es für mich ein merkwürdiger Widerspruch war in hunderten Panels, Diskussionen und Vorträgen stetige Überwachung, zunehmende Zentralisierung und mangelndes Engagement von Usern anzuprangern und gleichzeitig ein globales Projekt wie Bitcoin mit der Begründung zu ignorieren, darüber habe man vor drei Jahren ja schon mal berichtet.
Ich hatte lange gehofft, das sei ein endschuldbarer, weil kann-ja-mal- passieren-Ausrutscher gewesen und die Programmauswahl würde 2015 hinsichtlich Bitcoin und der Blockchain-Technologie ein bisschen smarter und mutiger sein. Immerhin gibt es dermaßen viele Schnittmengen zwischen dem Themenkomplex Bitcoin und dem, worum es sonst so auf der Republica geht. Vom gesellschaftlichem Wandel, Dezentralisierung und Überwachung über Demokratisierung und neue Internettechnologie bis hin zu digitaler Entwicklungshilfe, um nur mal ein paar Stichworte zu nennen.
Die Republica 2015 mit noch weniger Bitcoin als 2014
Nachdem ich mir die beeindruckende Fülle diesjähriger Sessions angeschaut habe, war ich allerdings ernüchtert. Ein bisschen, weil sämtliche meiner Themenvorschläge abgelehnt wurden, was ich aber insofern okay finde, wenn das Thema dafür anderweitig Erwähnung fände. Es ist ja das gute Recht der Organisatoren den oder die Expertin einzuladen oder sich für dieses oder jenes Thema zu entscheiden, von dem sie meinen, das es am besten in das Gesamtkonzept der Konferenz passt. Fakt ist allerdings, war Bitcoin letztes Jahr zumindest noch Thema einer Veranstaltung, ist es dieses Jahr gar nicht mehr auf der Republica vertreten.
Republica 2015 – Alter Wein in neuen Schläuchen
Ich habe trotzdem lange überlegt hinzufahren und open minded an die Sache heranzugehen um, wenn schon nicht im offiziellen Programm, wie letztes Jahr auch trotzdem nach Spuren von Bitcoin auf der Republica 2015 zu suchen. Was mich letztlich davon abgehalten hat, war dann jedoch das offizielle Programm, von dem ich mir wenigstens hier und da ein bisschen frischen Input oder einen Blick über den Tellerrand – kurz etwas Unerwartetes – erhofft hatte. Dafür waren mir aber die Themen an vielen Stellen zu beliebig und – letztlich der entscheidende Faktor – zu oft sollten dieselben Personen oben auf der Bühne stehen, die auch letztes Jahr dort bereits zum selben Thema standen.
Insofern habe ich mich gar nicht erst der Illusion hingegeben, das mich auf der Republica 2015 etwas anderes erwartet als 2014. Nämlich großes und vielbeklatschtes Kritik-Buhei auf der Bühne, aber wenig Greifbares im Nachgang.
Reden und klatschen bringt keine Veränderung
Als Beleg ziehe ich dafür mal zwei Punkte aus Sascha Lobos vielbeachteter „Rede zur Lage der Nation“ heran, vielleicht die meistbeachtete Sessions der Republica 2014. Lobo ist zwar dieses Jahr nicht vertreten, aber bei Minute 69 hat er damals eine bemerkenswerte „Drohung“ ausgesprochen und die Menschen zu folgenden Aktivitäten aufgerufen:
Besonders die Punkte „Gebt Geld! Und baut Finanzierungskonzepte!“ hatte Lobo damals vollkommen zu Recht deutlich hervorgehoben. Zwei Punkte, die zusammen mit den anderen dreien das Schlagwort „Bitcoin“ quasi sofort auf die Tagesordnung rufen und es wäre an den Republica-Organisatoren gewesen, bei der diesjährigen Konferenz den Raum zu schaffen, um über den Status Quo und die Möglichkeiten neuer digitaler Finanzierungskonzepte, also über Bitcoin zu diskutieren und zu beraten.
Das ist jedoch nicht geschehen und damit führt sich die Republica selbst ad absurdum. Denn während das Bitcoin-Ökosystem global prächtig wächst und gedeiht, bringt alleiniges Reden und Klatschen auf der Republica allein keine Veränderung. Das zeigt auch ein anderes Beispiel aus Sascha Lobos Rede. Aus seiner groß und trollig angekündigten Website www.netzgemeinde.de ist heute, ein Jahr danach nicht viel geworden.
Was die Republica von Bitcoin lernen kann
Erstaunlicherweise ist es gerade Bitcoin, das sich die Republica als Vorbild nehmen könnte, um sich aus ihrem alljährlichen wiederholenden Passivitäts-Kokon zu befreien. Denn ebenso wie auf der Republica Jahr für Jahr die netzpolitischen Missstände mit mäßigem nachhaltigen Erfolg angeprangert werden, so wurden lange Zeit auch die ungerechten Zustände des globalen Finanz- und Wirtschaftssystem kritisiert, ohne dass sich etwas verändert hätte. Seit sich Bitcoin jedoch zunehmend als Alternative entwickelt, kommt Bewegung in die Branche und Banken und Finanzdienstleister sind gezwungen ihre lukrative Comfort Zone zu verlassen.
So einen Hebel zu finden, der die Menschen motiviert, sie in Bewegung versetzt und antreibt selbst aktiv zu werden, fehlt der Netzpolitik bisher und ihn zu finden wäre eigentlich die große und sinnvolle Aufgabe der Republica. Ein erster Schritt dafür wäre jedoch sich zunächst einmal überhaupt mit Bitcoin auseinanderzusetzen und der begeisternden und verbindenden Motivation, die es auf Menschen in allen Ländern der Welt ausübt.
Zwei bessere Alternativen zur Republica
Vielleicht ist die große Zeit der Republica aber auch vorbei und es lohnt sich nicht mehr auf solche Veränderungen zu warten. Ich für meinen Teil habe daher auch schon zwei Alternativen gefunden. Die Cryptocon mit von Jahr zu Jahr wachsender Anzahl Bitcoin-Themen hier in Leipzig und die hub conference in Berlin. Die findet an gleicher Stelle wie die Republica statt, wird aber vom Bitkom organisiert. Und der hat ja eine eigene Arbeitsgruppe, die sich u.a. mit Kryptowährungen beschäftigt.
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