The Bitcoin Standard von Saifedean Ammous ist eines der prominentesten und polarisierendsten Bücher, die bisher über Bitcoin erschienen sind. Vor allem wegen der Erklärung des Stock-to-Flow-Modells und der Beschreibung von Bitcoin als extrem hartes Geld hat The Bitcoin Standard in Teilen der Community längst Kultstatus erreicht. Kritiker stören sich hingegen an der vertretenen Extremposition und einer mitunter konstruierten Argumentation.
Wenn sich kein Verlag findet, muss man ihn eben selber gründen
Wer sich selbst ein Bild machen wollte, musste das Buch bislang in der englischsprachigen Originalversion lesen. Ein deutscher Verlag fand sich nicht. Fabio und Stefan, zwei Bitcoiner aus der deutschen Community, wollten das nicht hinnehmen. Sie haben kurzerhand selbst einen Verlag gegründet, um The Bitcoin Standard endlich auch auf Deutsch verfügbar zu machen.
Seit ein paar Wochen ist Der Bitcoin Standard nun auf dem Markt und ich habe die Gelegenheit genutzt, Fabio zu ihrem Verlags-Projekt und ihrer Motivation zu befragen.
Hallo Fabio, stell euch doch mal kurz vor. Wer seid ihr und was habt ihr eigentlich mit Bitcoin zu tun?
Wir sind zwei Freunde, die ins Bitcoin Rabbit Hole gefallen sind und seither eine Möglichkeit gesucht haben, dem Space weiterzuhelfen und etwas zurückzugeben. Wir haben beide Maschinenbau studiert und arbeiten auch nicht im IT-Bereich, aber sind an Bitcoin kleben geblieben. Stefan hat sich trotzdem eher aus der technischen Sicht Bitcoin genähert, bei mir war es mehr das Potenzial zum Aufbrechen der politischen Ketten in unserem System.
Wie ist es dazu gekommen, dass ihr The Bitcoin Standard auf Deutsch herausbringt?
Nach dem ich das Buch gelesen hatte, war für mich klar, dass ich meinem Umfeld die darin enthaltenen Thesen und Gedanken näherbringen will. Je nach Altersklasse und Englisch-Skill ist das jedoch nicht so einfach. Also hatte ich kurzerhand Saifedean Ammous persönlich angeschrieben, um an die Verlagsrechte zu kommen und dann Stefan überzeugt, dass wir das in Angriff nehmen. Zum Glück hat alles geklappt!
Gab es keine andere, einfachere Möglichkeit das Buch auf Deutsch verfügbar zu machen?
Wir hatten einige Verlage gefragt, ob sie es machen wollen, sind dabei aber auf taube Ohren gestossen. Wenn das die einzige Möglichkeit gewesen wäre, hätten wir bestimmt einen gefunden. Aber uns gefiel dann doch der Gedanke, mit einem solchen Projekt auch mal unseren unternehmerischen Drive umzusetzen und vielleicht in der Bitcoin-Economy ein bisschen Fuß fassen zu können. Außerdem war uns sehr wichtig, dass die Message des Buchs wirklich klar rüberkommt und das Lektorat und die inhaltliche Überprüfung durch Bitcoiner stattfindet.
Wie groß war der Aufwand für euch und welches Kostenrisiko seid ihr eingegangen?
Genaue Zahlen möchte ich jetzt nicht unbedingt nennen, die kann man sich jedoch teilweise aus den Crowdfunding-Infos zusammenreimen. Insgesamt sind wir jedenfalls mit einer für uns sehr stattlichen Summe in Vorleistung gegangen.
Der generelle Ablauf war natürlich nicht unbedingt perfekt strukturiert, da die Verlagsbranche komplettes Neuland für uns war. Begonnen hatte es mit Verhandlungen mit dem Verlag über die Kosten und Dauer der Verlagsrechte. Danach haben wir überlegt, wie wir es umsetzen. Über andere Verlage, im Selbstverlag, Amazon Publishing und was es nicht alles gibt. Dann die Fragen: Wo drucken wir? Wer macht die Grafik? Wer setzt das Buch? Ich bin was Design und UX angeht etwas eigen und konnte mich mit der Qualität und den eingeschränkten Möglichkeiten von Amazon Publishing und dem Einfluss, den wir über die Zusammenarbeit mit einem anderen Verlag verlieren, nicht wirklich anfreunden. Ich hätte es mir nie verzeihen können, wenn die deutsche Version visuell und haptisch nicht dem gerecht wird, was es inhaltlich bietet. Aus dem Grund haben wir uns am Ende für den Selbstverlag und auch einen professionellen Druck entschieden und sind mit dem Ergebnis wirklich sehr zufrieden.
Einige nette und teils recht bekannte Bitcoiner und andere Freunde haben uns da zum Glück mit Kontakten und guten Tipps geholfen. Trotzdem war der Aufwand teilweise aber schon immens. Wir arbeiten beide noch in einem Vollzeitjob und einige Dinge liefen gar nicht zu unserer Zufriedenheit.
Wo hat es denn gehakt?
Das Erstlektorat der Übersetzung war grauenhaft. So schlecht, dass wir das komplett verworfen haben und die eigentlich schon sehr gute Erstübersetzung von Claus Bertermann dann in mehreren Schritten selbst überarbeitet haben. Das ging inhaltlich vom Gegenlesen jedes Satzes über die komplette Rechtschreibung und Vereinheitlichung von gebrauchten Wörtern bis hin zum umformulieren ganzer Abschnitte, weil ansonsten der Grundgedanke aus unserer Sicht nicht genügend getroffen wurde. Das hat definitiv einiges an Zeit geschluckt und uns zahlreiche Wochenenden und Abende gekostet.
Das klingt nach sehr viel Arbeit. Hattet ihr einen festen Zeitplan?
Alles in allem haben wir so ungefähr neun Monate gebraucht, wenn man das wochenlange Vorgeplänkel mit dem englischen Originalverlag nicht berücksichtigt. Das gesteckte Ziel war ja mal im September dieses Jahres den Verkauf zu starten. Das haben wir leider mit dem 21. Oktober dann um ein paar Wochen verpasst. Jetzt sind wir froh, es geschafft zu haben und freuen uns über jeden Kauf, der uns unterstützt und vor allem jede Buchhandlung, die uns ins Sortiment nimmt. Wir waren sogar nach dem Launch in der Amazon Bestsellerliste, wer hätte das gedacht?
Die enorme Reichweite von Amazon ist für euch natürlich attraktiv. Allerdings hat euch die damit verbundene zentralisierte Abhängigkeit auch wieder einen Strich durch die Rechnung gemacht. Was war da los?
Obwohl wir sämtliche KYC-Stationen durchlaufen haben, und ich meine damit Passkopien, aktuelle Gewerbeanmeldung etc., hat Amazon schließlich noch ein Sonderformular für den Onlinehandel gefordert, das wir nicht rechtzeitig organisieren konnten. Da wurde uns dann einfach der Account gesperrt und das gesamte darin enthaltene Geld war nicht mehr verfügbar. Nachdem wir das Formular dann hatten, wurde der Account reaktiviert, hinterliess aber irgendeinen Bug. Dadurch sind wir aus allen Bestseller-Rankings rausgefallen und waren längere Zeit auch im Verkauf blockiert. Unsere Marketingmassnahmen liefen also teilweise ins Leere, wenn die Kunden nicht auch noch unseren eigenen Shop gefunden haben.
Das ist schon sehr ärgerlich und zeigt mal wieder, wie mächtig die Position von Amazon ist. Am schlimmsten ist aber, dass wir aus dem Ranking geflogen sind, ohne jemals tatsächlich nicht lieferfähig gewesen zu sein.
Zurück zum Buch. Bitcoin ist bekanntlich kein triviales Thema. Wie schwer war es, jemanden zu finden, der diese Bitcoin-Fachliteratur gut ins Deutsche übersetzen kann?
Das war lustigerweise ein absoluter Zufall. Nach dem Einholen mehrere Angebote hatten wir uns für eine Dienstleistungsfirma entschieden, die Freelancer organisiert und explizit darum gebeten, jemanden mit dem entsprechenden Bitcoin-Grundverständnis zu finden. Eines Tages bekam ich dann eine E-Mail von Saifedean Ammous weitergeleitet, in der unser Übersetzer Claus Bertermann ihn bittet, dafür zu sorgen, dass er als Übersetzer im Buch erwähnt wird, weil das Buch ihn so sehr begeistert hatte, dass er unbedingt darin vorkommen wollte. Stellte sich raus, der vom Übersetzungsbüro zugewiesene Übersetzer war tatsächlich schon Bitcoin-Fan, der durch das Übersetzen des Buches sogar noch in seiner Überzeugung bekräftigt wurde. Claus hatte eben schon mal die Zehenspitzen ins Bitcoin-Gewässer getaucht und wusste was es ist und wieso es wichtig ist. Das Buch hat ihn dann aber komplett in den Kaninchenbau geschickt. Wieder einer mehr!
Insofern war die Grundlage schon wirklich gut. Wir haben dann einfach bei den Themen, die aufgrund ihrer Komplexität falsch verstanden wurden, nochmal nachgeholfen und sowieso alles bis ins Detail gegengeprüft. Das Buch ist nun mal unser Baby. Garantieren können wir trotzdem für nichts. Wir haben das ja selbst zum ersten Mal gemacht. Das aber definitiv nach bestem Wissen und Gewissen.
Mit Büchern wird man bekanntlich nicht reich, sondern muss mit Herzblut und Idealismus dabei sein. Trotzdem: Wie viele Exemplare müsst ihr verkaufen, um in den schwarzen Zahlen zu landen?
Man muss schon sagen, dass Der Bitcoin Standard wirklich ein idealistisches Projekt ist. Um das schnelle Geld zu machen, ist Bücher zu verkaufen sicher nicht der richtige Weg. Ich bin jedoch überzeugt, dass es sich auf lange Sicht auszahlt, wenn man den richtigen Antrieb dazu hat. Die schwarzen Zahlen hängen natürlich am meisten vom Vertriebsweg der Bücher ab. Im Großen und Ganzen kann man aber sagen, dass wir mindestens 3000 Exemplare verkaufen müssen, um in einen Bereich zu kommen, wo es nicht mehr weh tut.
Das Buch ist nun seit einigen Wochen auf dem Markt. Wie wird es angenommen? Seid ihr zufrieden mit den Verkäufen bisher?
Wir haben viel Zeit investiert schon vor dem Verkaufsstart eine Community zusammenzutrommeln und interessierte Leute auf dem Laufenden zu halten. Was jedoch nach dem Aktivieren der Vorbestellungen und dann dem offiziellen Launch abging, hätte ich niemals gedacht. Die Resonanz war super positiv und die Nachfrage hat uns absolut überfordert. Wir haben die letzten zwei Wochen etliche Bücher verpackt und Postgänge getätigt.
Der interessante Zeitraum ist aber der, der jetzt bevorsteht. Nachdem die überzeugten Bitcoiner bedient sind, die dieses Buch sowieso feiern, wird es spannend zu sehen, wie der Rest dieses Buch annimmt. Da müssen wir jetzt natürlich an unserer Marketing-Strategien arbeiten, um das auch wirklich unter die Leute zu bringen und allen klar zu machen, dass dies das richtige Buch ist, um sich die wichtigen Verständnis-Grundlagen zuzuführen. Das wird sicher eine Herausforderung.
Wo soll es mit eurem Verlag hingehen? Wollt ihr noch mehr fremdsprachige Bitcoin-Bücher auf Deutsch veröffentlichen oder künftig sogar eigene, neue Bücher verlegen?
Noch ist das relativ offen. Wir sind gerade dabei uns mit einigen Verlagen und Autoren auszutauschen und es gibt 1-2 Titel, die wir sehr gern auf Deutsch verfügbar machen würden. Generell sind wir aber auch nicht eigenen Büchern gegenüber abgeneigt. Wenn da draussen jemand ein tolles Buch über Bitcoin schreiben will und Potenzial in uns als Nischen-Verlag sieht, darf und soll er sich gerne melden.
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