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Das Coinbase-(Kommunikations)-Disaster

Coinbase, ist eines der größten, bekanntesten und ältesten Unternehmen des Bitcoin-Ökosystems und hat einen nicht zu vernachlässigenden Anteil daran, dass Bitcoin heute so groß ist, wie es ist. Für viele Menschen weltweit war und ist der US-amerikanische Krypto-Handelsplatz die erste Wahl und bequemste Möglichkeit, ein paar Bitcoins oder mittlerweile auch andere Kryptowährungen zu kaufen, zu handeln oder einfach nur zu halten.

Trotzdem schafft es kaum ein anderes Unternehmen in regelmäßigen Abständen die Bitcoin-Community so sehr gegen sich aufzubringen wie Coinbase. Das liegt zum einen an vielen irritierenden Entscheidungen des Unternehmens. Viel mehr aber an einer seit Jahren vollkommen misslungenen Kommunikationsstrategie. Beides zusammen führt aktuell dazu, dass immer mehr Bitcoiner Coinbase den Rücken kehren.

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Seit Langem immer wieder Fehltritte

Dabei kriselt es zwischen Coinbase und der Bitcoin-Community
schon seit Jahren. Im sich zuspitzenden Streit um die Skalierung von Bitcoin war Coinbase 2017 lange ein prominenter Verfechter des Segwit2X-Ansatzes. Des von der Community verhassten Kompromisses, der die damals konkurrierenden Forderungen einer Aktivierung von SegWit und der Verdoppelung der Blockgröße auf 2 MB pragmatisch unter einen Hut bringen sollte.

Eine Lösung, die für viele in der Community jedoch den faden Beigeschmack einer von einer sich selbst als Elite sehenden Business- und Miner-Interessengemeinschaft in Hinterzimmern ausgeklüngelten Mauschelei hatte und den offenen Standards und Entscheidungsstrukturen von Bitcoin entgegenstand. Die Community setzte sich schließlich gegen Coinbase & Co durch. Segwit2X wurde nie umgesetzt.

Irritierende Entscheidungen über Kundenassets

Zuvor hatte das Unternehmen aber auch im Zuge der Bitcoin Cash-Fork bereits für großen Unmut gesorgt, als es sich sehr lange bedeckt hielt, ob die Kunden für ihre von Coinbase verwalteten Bitcoins überhaupt Zugriff auf die entsprechend geforkten Bitcoin Cash bekommen würden. Schließlich entschied man sich bei Coinbase zwar dazu, den Zugriff zu ermöglichen, doch setzte man sich selbst dafür eine unverbindliche Frist von fünf(!) Monaten. Eine Zeitspanne, die viele Nutzer als Frechheit empfanden. Kaum ein anderer Anbieter – selbst die mit bedeutend weniger Kapital und Manpower – verwehrte seinen Nutzern so lange grundlos den Zugriff auf die eigenen Bitcoin Cash.

Zum Vergleich: Wer seine Bitcoins damals auf einer Hardware-Wallet wie dem Ledger oder dem Trezor hatte, der konnte seine Bitcoin Cash quasi sofort splitten und verkaufen. Beide Anbieter waren technisch extrem schnell und gut vorbereitet. Warum Coinbase als große, erfahrene und finanzkräftige Bitcoin-Institution dazu damals nicht in der Lage war, bleibt bis heute ein Rätsel.

Nur kurze Momente der Entspannung

Spätestens seitdem war das Verhältnis zwischen Coinbase und der Bitcoin-Community angespannt. Immerhin gab es zwischenzeitlich auch wieder Annäherungen. Zum Beispiel als Coinbase ein unmoralisches Angebot von Ripple ablehnte. Das Unternehmen, dass die Kontrolle und den Großteil aller XRP besitzt, wollte Berichten zufolge mit einem großzügigen „Darlehen“ in dreistelliger Millionenhöhe ihre vermeintlichen „Kryptowährung“ auf die Handelplattform von Coinbase hieven.

Die Bitcoin Community würdigte damals die Ablehnung des Angebots durch Coinbase als integere Haltung und Signal, dass man Geld und schnellen Profit nicht über gemeinschaftliche Grundwerte stelle.

Heute so, morgen so

Umso irritierter war daher nun die Reaktion als Coinbase vor Kurzem bekannt gab, nun doch auch XRP ins Handelsportfolio aufzunehmen. Verbunden mit der berechtigten Frage, woher denn der plötzliche Sinneswandel kommt und warum man diesen zentralisierten Privatfirmen-Coin (der für seine berüchtigte Troll-Army auf Twitter bekannt ist, die ihre Kritiker sogar bedroht) nun kostenlos listet, wenn man vor einiger Zeit noch sehr viel Geld dafür hätte nehmen können?

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Womit aber nicht gesagt ist, dass wirklich niemand von der Aufnahme von XRP ins Coinbase-Portfolio profitiert hat. Zumindest einige Händler, die das bemerkenswerte Glück hatten, mit perfektem Timing auf Rippels XRP zu setzen, haben offensichtlich einen ganz ordentlichen Reibach gemacht. Ein Schelm wer „Insiderhandel“ dabei denkt.

https://twitter.com/Crypto_Bitlord/status/1100097740531326982
Vom Ripple-Regen in die Neutrino-Traufe

Doch damit nicht genug der Fettnäpfe. Denn kurze Zeit später kaufte Coinbase eine Firma namens Neutrino und fährt damit den Kommunikationskarren so richtig in den Dreck. Eigentlich und offiziell will Coinbase durch den Zukauf ja nur den internen Bereich Blockchain-Analyse stärken. Das sei notwendig, um den geltenden Anti-Geldwäsche- und Kundenidentifikations-Regelungen gerecht zu werden.

Blöd nur, dass sich aber bald herausstellt, dass einige der Mitarbeiter von Neutrino zuvor Teil von Hacking Team waren, einer italienischen Firma mit mittlerweile komplett ruiniertem Ruf, weil sie Überwachungssoftware u.a. an autoritäre und repressive Regime lieferte, sich dabei aber nicht einmal selbst vor einem umfassenden Hack schützen konnte.

Reumütig gesteht Coinbase zwar mittlerweile ein, dass sie im Vorfeld der Übernahme nur schlampig geprüft hätten, wen sie sich da ins Nest holen und mittlerweile steht fest, dass alle Neutrino-Mitarbeiter mit Hacking Team-Vergangenheit das Unternehmen verlassen müssen, doch ist damit das Kind längst schon in den Brunnen gefallen.

Coinbase-Kundendaten wurden heimlich weiterverkauft

Denn die Coinbase-Verkaufchefin hat in einem Interview ganz nebenbei erklärt, dass Neutrino u.a. deswegen gekauft wurde, weil die bisherigen Blockchain-Analyse-Dienstleister die Coinbase-Kundendaten an Dritte weiterverkauft hätten. Ein Vorgang, über den aber bisher weder die Kunden noch irgendjemand anderes informiert worden zu sein scheint.

Was in der Community natürlich erneut für Wut und Unverständnis sorgt und zwei drängende Fragen aufwirft. Was liegt bei Coinbase eigentlich noch alles im Argen und haben Sie tatsächlich niemanden, der sich in dem Laden um eine anständige Kommunikation kümmern kann?

Selbstdemontage ohne Not

Denn nicht nur eine ganze Reihe zweifelhafter Entscheidungen, sondern vor allem das Fehlen einer echten Kommunikationsstrategie haben in den vergangenen Jahren ordentlich am Ruf von Coinbase gekratzt.

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Aktuell demontiert sich das Unternehmen dabei selbst und das eigentlich vollkommen ohne Not.

#DeleteCoinbase

Für viele Bitcoiner sind die Ripple/Neutrino-Ereignisse nun jedenfalls der Tropfen, der das Coinbase-Fass zum Überlaufen bringt. Unter dem Hashtag #DeleteCoinbase koordinieren und befeuern sie den gemeinsamen Exodus von der Plattform.

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Doch scheint nicht einmal das Kündigen des Accounts bei Coinbase derzeit ohne Probleme möglich zu sein. So können Accounts nicht geschlossen werden, die noch über Guthaben verfügen. Liegt dieses Guthaben jedoch unterhalb des Mindestauszahlungsbetrags, kann es faktisch gar nicht mehr abgehoben werden. Eine klassische „Hotel California“-Situation: „You can check out any time you like, but you can never leave.“

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Doch gelten Bitcoiner ja gemeinhin als erfinderisch und kommunikativ. Mit der #DeleteCoinbaseTrustChain akkumulieren bei Coinbase „gefangene“ Bitcoiner daher nun gemeinsam ihre Rest-Satoshis und löschen dann ihre Accounts.

Doch auch wenn #DeleteCoinbase erst einmal wohl nicht in den Ruin treiben wird – dazu ist es zu groß und für viele Nutzer zu bequem – sollte das Unternehmen die wachsende Kritik ernst nehmen. Ein Unternehmen, dass im Bitcoin-Ökosystem erfolgreich sein will, braucht zwar nicht zwingend auch eine gute Beziehung zur Bitcoin-Community. Ein Unternehmen aber, das wegen schlechter Entscheidungen und schlechter Kommunikation das Vertrauen der Bitcoin-Community verliert, wird es auf lange Sicht sehr schwer haben.


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