Zugegeben – wie soll man wissen, ob man Bitcoins überhaupt für die Ewigkeit sichern kann, wenn man die Zukunft gar nicht kennt. Aber ist das ein Grund es nicht trotzdem zu versuchen? Genau! Und deswegen habe ich auch direkt zugesagt, als mich Aljoscha von Steelwallet neulich fragte, ob ich ebensolcheine Steelwallet mal ausprobieren wollen würde.
Mit rostfreiem Stahl gegen alle Eventualitäten
Kurze Zeit später lag dann ein schmuckloser Pappumschlag mit zwei je knapp 180 Gramm schweren fast quadratischen Plättchen (ca. 10×10 cm) aus rostfreiem Stahl und einem halbautomatischen Stanz-Stift in meinem Briefkasten.
Jedes Plättchen zeigt dabei ein lasergraviertes Raster mit 24×26 Feldern. Vertikal mit dem Alphabet und horizontal mit den Zahlen 1-6 (Vorderseite) und 7-12 (Rückseite), wobei jeder Zahl vier Spalten untergeordnet sind, die dann die Buchstaben-Zeilen kreuzen.
In diese Felder kann man dann den Seed einstanzen, also die individuelle Wortreihenfolge, die eine Bitcoin-Software-Wallet zufällig erzeugt und aus der sie alle zugehörigen Schlüssel und Adressen ableitet, die dann im Alltag wiederum Zugang zu den eigenen Bitcoins ermöglichen.
Wer diesen Seed gut aufbewahrt, kann seine Wallet und damit die eigenen Bitcoins auch im Falle eines Falles jederzeit einfach wiederherstellen. Der Seed ist also das Backup und die Idee der Steelwallet ist es nun, dieses Backup, so sicher und unverwüstlich wie möglich in der physischen Welt zu schützen.
Wie sichert man einen Seed am beständigsten?
Mit dieser Idee ist die Steelwallet natürlich nicht alleine auf dem Markt. Schon seit langem gibt es verschiedene Konzepte und Ausführungen auf dem Markt. In einem sehr ausführlichen Stresstest (Teil 1, Teil 2) hat Jameson Lopp verschiedene Seed-Storage-Systeme verglichen und die Steelwallet kam dabei u.a. aufgrund der einfachen Handhabung ganz ordentlich bei weg. Ein Fazit, dem ich mich durchaus anschließen kann.
Denn weder braucht man außer dem beigelegten Stanzer noch weiteres Werkzeug, noch sonderlich viel Kraft oder Geschick um die Steelwallet zu nutzen. Einzig etwas Konzentration und ein guter Plan sind von Nöten.
Hat man einen Seed (ich habe für den Test natürlich keinen echten genommen, sondern mir hier einen generiert), markiert man die entsprechenden Felder mit einem Filzstift vor.
Man muss nicht die ganzen Wörter stanzen
Da die ersten vier Buchstaben reichen, um das entsprechende Wort im Seed-Wortpool eindeutig zuzuordnen, muss man pro Wort auch nur vier Buchstaben markieren. Meinen Seed „metal sheriff feed witness slush range wall usual accuse because judge eight“ markiere ich entsprechend nur mit den Buchstaben „meta“, sher“, „feed“, „witn“, „slus“, „rang“, „wall“, „usua“, „accu“, „beca“, „judg“ und „eigh“.
Das ist auch schon der komplizierteste Teil des Prozesses, den man mit der nötigen Sorgfalt durchführen sollte. Denn wenn man mal eben in der Spalte oder Zeile verrutscht, was bei der geringen Größe durchaus mal passieren kann, kann man den Fehler noch vor dem Stanzen korrigieren.
Sind die Felder richtig markiert, wird der beigelegte Stanz-Stift auf die Punkte gesetzt und runtergedrückt bis es klickt. Die innenliegenden Federn geben dann einen Impuls an die Spitze, der genau ausreicht, eine kleine, aber eindeutige Markierung in dem jeweiligen Feld zu hinterlassen. Fertig.
Das Ganze dauert nicht lang, ist vom Geräuschpegel nicht störend und hinterlässt keinen Müll. Unterm Strich also wirklich eine einfache und praktische Lösung.
Den Seed zu stanzen ist nur die halbe Miete
Vorausgesetzt natürlich man hat sich einen guten Plan gemacht, wo man die Stahlplättchen später aufbewahren möchte. Denn nur weil der Seed in der Steelwallet jetzt gegen Schäden durch Wasser, Feuer, Korosion und Elektrizität geschützt ist, kann er natürlich immer noch gestohlen oder oder ausgelesen werden, solange er allzu leicht zu finden ist.
Im Gegensatz zu einem Backup auf Papier lässt sich die Steelwallet aufgrund der Maße und des Gewichts aber nicht ganz so einfach und unauffällig verstecken. Dafür erlaubt das Material aber eben auch etwas robustere Verstecke. Im Garten vergraben, in den Kamin kleben, im Aquarium versenken – der Phantasie sind hier erst einmal keine Grenzen gesetzt. Gerade wenn es darum geht, einen bestimmten Seed sehr lange aufzubewahren.
Allerdings würde ich mir hierfür noch eine Möglichkeit wünschen, die Reihenfolge der Plättchen zu markieren. Denn wem seine Wallet einen 24-Wörter-Seed vorgibt, der braucht beide Plättchen. Da die aber komplett identisch sind, wäre es hilfreich zu wissen, welche der Platten die ersten zwölf und welche die zweiten zwölf Wörter des Seeds enthält. Aber das ist letztlich ein Problem, das man als Nutzer zur Not auch selbst oben rechts in der Ecke mit einer bzw. zwei Markierungen lösen könnte. Wenn man daran denkt. Ansonsten muss man es später eben ausprobieren.
Ideal nur für die Langzeit-Aufbewahrung einzelner Seeds
Für die Alltags-Wallet(s) auf dem Smartphone wäre die Steelwallet allerdings nicht meine erste Wahl. Sie ist zwar einfach erstellt, aber wer wie ich mehrere und immer neue Wallets nutzt, was im rasant wachsenden und sich beständig wandelnden Bitcoin-Ökosystem ja durchaus üblich ist, müsste sich jedes Mal wieder eine neue Steelwallet kaufen.
Bei einem Preis von knapp 60 Euro für zwei Plättchen geht das schnell ins Geld. Ganz davon abgesehen, dass es ab einer gewissen Menge immer schwer werden würde, kiloweise Stahlplättchen unauffällig aber trotzdem einigermaßen zugänglich zu verstecken. Außerdem sehen alle Steelwallets gleich aus. Auch die eindeutige Zuordnung von diesem Seed-Backup zu jener Wallet könnte da irgendwann schwierig werden.
Am Ende muss also jeder für sich selbst entscheiden, ob und wie viele Steelwallets (oder alternative Angebote) er nutzen will. Dass es aber überhaupt die Möglichkeit gibt, seinen Seed mit so wenig Aufwand langfristig gegen physische Einflüsse sichern zu können, ist klasse.
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