Ich wollte erst nichts zu dieser PR-Aktion eines populären Mining-Anbieters schreiben, weil es eigentlich nichts dazu zu schreiben gibt.
Da aber so viele andere Medien des leider noch sehr überschaubaren Bitcoin-Informations-Ökosystems so dermaßen unkritisch und plump auf diese „Meldung“ reinfallen und die Aktion dadurch auf einmal eine unverdiente Öffentlichkeit bekommt, obwohl nichts, absolut nichts passiert ist, muss ich das kommentieren.
Denn leider handelt es sich hierbei um keinen Einzelfall, sondern ist vielmehr symptomatisch und zeigt: Um die Qualität der Bitcoin-Berichterstattung steht es schlecht. Ganz schlecht.
Was ist passiert?
Unter dem Titel „We’ve sent a Bitcoin to space!“ hat Genesis Mining neulich einen Blogbeitrag und dieses Video veröffentlicht, das zeigen soll, wie sie angeblich die erste Peer-to-Peer-Transaktion im Weltall tätigt.
Nette Idee. Nur leider stimmt das hinten und vorne nicht.
Denn wie man bei Minute 3:00 sehr gut sehen kann, ist auf der Rückseite des an einem Wetterballon hochgeschickten 3-D-Bitcoins letztlich einfach nur eine Bitcoin-Adresse aufgeklebt. Nichts weiter. Am Boden findet dann wiederum eine Transaktion statt, bei der an die entsprechende Adresse einen Bitcoin gesendet wird.
Der Bitcoin hat die Erde niemals verlassen
Warum dieser Bitcoin nun allerdings „to space“ transferiert worden sein soll, bleibt das große Geheimnis. Denn außer einem Plaste-Bitcoin mit einer Bitcoin-Adresse hat Genesis-Mining nur ganz viel heiße Luft in den Himmel steigen lassen (und ins All schon gar nicht, weil Wetterballons nicht annähernd die Homosphäre verlassen können).
Was dagegen tatsächlich passiert ist: Irgendjemand hat auf der Erde via QR-Code auf blockchain.info eine Bitcoin-Transaktion vorgenommen und diese Transaktion wurde anschließend vom Bitcoin-Netzwerk verarbeitet, das ebenfalls auf der Erde stationiert ist.
Dass eine Kopie der verwendeten Adresse irgendwo da oben in 20-30 km Höhe rumschwirrte, ist zwar nett, aber letztlich für das Bitcoin-Netzwerk komplett irrelevant. Denn die besagte Transaktion hat die Erde niemals verlassen.
Das, was Genesis-Mining dort im Video zeigt, ist letztlich also eine ganz normale, standardmäßige Bitcoin-Transaktion, wie sie jeden Tag hunderttausende Mal stattfindet. Oder anders gesagt: Der Nachrichtenwert ist gleich Null.
Wie die „Bitcoin-Medien“ das Thema aufgreifen
Das hindert die Bitcoin-„Medien“ leider nicht daran, diese heiße Luft ungeprüft aufzusaugen, unkritische Interviews zu führen und zu klickträchtigen Schlagzeilen zu verarbeiten. Hier eine Auswahl.
- Bitcoin Magazine: Toward the Moon: Genesis Mining Sends the First Bitcoin Into Space
- Nasdaq.com: Toward the Moon: Genesis Mining Sends the First Bitcoin Into Space
- Cointelegraph: Bitcoin Above All: First P2P Transaction in Space
- Hacked.com: ICYMI, Bitcoins Were Successfully Sent to Space
- NewsBTC: Bitcoin and Space: Genesis Mining Sends Bitcoin to Space
- BTC Echo: Bitcoin to the Moon: Erste Transaktion ins Weltall
- usw. usf.
Wenn fünf Minuten Recherche (inkl. das Promovideo bis Minute 3:00 zu schauen) reichen um die Inhaltsleere dieser PR-Aktion zu erkennen, ist obige Auswahl allein schon unter journalistischen Gesichtspunkten beschämend. Aber nicht nur das. Bei solch einer schlechten und unkritischen Berichterstattung darf sich niemand beklagen, dass Bitcoin die breite Bevölkerung nicht erreicht. Wie soll das denn gelingen, wenn man als Ottonormal-Leser so hinters Licht geführt wird und jeder Mist zu einer vermeintlichen „Nachricht“ aufgebauscht wird, solange das Wort Bitcoin darin vorkommt?
Genesis-Mining: Nichts geleistet und trotzdem das Ziel erreicht
Ungeachtet dessen hat die Aktion aber einen klaren Gewinner: Genesis-Mining. Die haben ihr Ziel erreicht, mit einem Plaste-Bitcoin und ganz viel heißer Luft ein enormes Maß an Aufmerksamkeit zu erreichen. Chapeau dafür!
Nächstes Mal schickt aber bitte wirklich einen Bitcoin ins All. Zum Beispiel, indem ihr nicht die Adresse bzw. den Public Key an euren Plaste-Bitcoin klebt, sondern den Private Key. Auch dann müsste man zwar beide Augen zudrücken, weil der Bitcoin trotzdem nicht mitfliegt, sondern in der Blockchain am Boden verwaltet wird. Der glückliche Finder würde sich aber freuen.
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