Bitcoins und andere kryptographische Transaktionssysteme - Sixt

Du fragst: Warum Bitcoin? Ich sage: Lies dieses Buch!

Bitcoin zu verstehen, ist nichts, was man mal eben nebenbei machen kann. Im Gegenteil: Bitcoin als ein sich beständig erweiterndes, facettenreiches Phänomen zu durchschauen, erfordert nicht nur einiges an Zeit und Muße, sondern vor allem gute Quellen.

Von denen gibt es (deutschsprachig) bislang aber nicht wirklich viele: Eine Handvoll Blogs, die aktuell berichten. Unregelmäßige Artikel und Berichte in den „traditionellen“ Medien (vor allem, wenn der Bitcoin-Kurs wie derzeit mal wieder im Achterbahn-Modus nach oben tendiert). Dazu noch ein paar lesenswerte Newsletter, nerdige Foren, Podcasts, Meetup-Treffen und das war es dann aber auch schon.

Klar, seit 2014 gibt es auch Jörg Platzers durchaus lesenswerte Bitcoin-Einführung Bitcoin kurz und gut. Aber das Büchlein ist inhaltlich nun auch schon deutlich in die Jahre gekommen und, wie der Titel schon sagt, eben auch sehr kurz.

Was bislang fehlte: ein gutes Bitcoin-Grundlagen-Buch

Was also seit langem fehlt, ist ein aktuelles Buch, das es schafft, einen umfassenden Status Quo des sich beständig weiterentwickelnden Phänomens Bitcoin zu beschreiben und sinnvoll einzuordnen. Solch ein Buch zu schreiben, ist indes keine leichte Aufgabe. Vor allem, wenn es das Ziel sein soll, nicht nur Nerds und Fanboys anzusprechen, sondern Bitcoin einem breiteren Publikum zugänglich zu machen.

Elfriede Sixt gelingt mit ihrem Buch Bitcoins und andere dezentrale Transaktionssysteme genau das: einen umfassenden Überblick zu bieten, ohne dabei aber zu oberflächlich zu bleiben. Das ist erfreulich. Denn wenn mich nun Interessierte nach einem guten und substantiellen Einstieg ins Thema Bitcoin fragen, verweise ich ab jetzt auf dieses Buch. Die knapp 200 Seiten beinhalten nämlich alles, was sich zu dem Thema derzeit sinnvoll in Buchform zusammentragen lässt. Wenngleich das Medium selbst für Punktabzüge sorgt.

Lesenswert: E. Sixt: Bitcoins und andere dezentrale Transaktionssysteme. Springer Gabler, 29,99 Euro
Sehr gut gelöst: Struktur, Bezeichnungen und roter Faden

Was mir beim Aufschlagen des Buches direkt positiv auffiel, war das Inhaltsverzeichnis (pdf).  Wer nämlich selbst schon einmal versucht hat, Bitcoin in irgendeiner Weise systematisch aufzubereiten, wird gemerkt haben, dass das keine triviale Aufgabe ist. Fängt man chronologisch an? Steigt man technisch ein? Erörtert man zunächst die drängendste Frage: Warum das alles überhaupt relevant ist?

Elfriede Sixt löst dieses Problem, indem sie ihr Buch auf den sehr klug gewählten Terminus Kryptoökonomie hin ausrichtet, diesen nachvollziehbar erläutert und Bitcoin und andere, mittlerweile aus Bitcoin entstandene Konzepte in diesem Kontext sachlich und verständlich einordnet. Nicht nur technisch, sondern auch historisch, geldpolitisch, rechtlich und mit Blick auf das, was wohl noch kommen wird.

Detaillierte Recherche, Kontext und Einordnung

Dass das keine trockene Angelegenheit wird, liegt auch an der sorgfältigen Recherche. Anstatt nur Fakten aufzulisten, trägt die Autorin mit erkennbarer Liebe zum Detail auch vermeintlich nebensächlich wirkende Informationen zusammen, ordnet sie ein und bietet dem Leser so einen erweiterten Kontext, der es ermöglicht nicht nur das Was zu verstehen, sondern auch das Warum.

Bestes Beispiel ist dafür die Erklärung der versteckten Symbolik, über die auf die Motivation des Bitcoin-Erfinders Satoshi Nakamoto geschlossen werden kann. Dass dieser eine systemkritische Botschaft im allerersten Block der Bitcoin-Blockchain versteckt hat, ist kein Geheimnis mehr. Wer jedoch verstehen will, auf welches goldpolitische Ereignis das fiktive Geburtsdatum anspielt, mit dem sich Satoshi Nakamoto damals im Forum der P2P Foundation angemeldet hat, um Bitcoin erstmals vorzustellen, muss entweder selbst tief in expliziten Bitcoin-Foren graben oder einfach Elfriede Sixts Buch lesen.

Letztere Option ist dabei nicht nur die effizientere, sondern bringt noch andere Vorteile mit sich. So bietet die Autorin nämlich auch die erste umfassende Verortung von Bitcoin in Hinblick auf verschiedene Geld- und Wirtschaftstheorien, geltende rechtliche Rahmenbedingungen und die aktuelle Struktur unseres Finanzsystems. Allein diese Kapitel sind den Kauf des Buches wert, denn solch eine verständliche Einordnung findet man bislang nirgendwo sonst. Als Leser profitiert man hier besonders von Elfriede Sixts Fachwissen durch ihren beruflichem Hintergrund als Steuerberaterin und Wirtschaftsprüferin.

Bitcoins und andere kryptographische Transaktionssysteme - Sixt 2
Breite Palette an Bitcoin-relevanten Themen auf 195 Seiten
Kritik: Buch und Bitcoin ist eine schwierige Kombination

Nichtsdestotrotz gibt es auch an Bitcoins und andere dezentrale Transaktionssysteme etwas zu bemängeln. Wobei sich das eher auf das Medium Buch als solches bezieht als auf den Inhalt. Denn das größte Manko ist der lange, produktionsbedingte Zeitverzug vom fertigen Skript im Frühjahr 2016 bis zur Veröffentlichung 2017.

Diese Verzögerung hat nämlich zur Folge, dass das Buch an einigen Stellen schon veraltet war, bevor es überhaupt erschienen ist. Das betrifft nicht nur Kursdaten (Bitcoin-Wert deutlich unterhalb 1000 US-Dollar) oder andere vermeintlich aktuelle Bezüge (Stand der Blocksize-Debatte), sondern auch, dass zentrale, für die Kryptoökonomie relevante Ereignisse, wie bspw. das Kommen und Gehen der DAO, schlichtweg nicht auftauchen.

Das ist insofern spürbar, als dass die DAO und ihre Folgen aus heutiger Sicht vor fast einem Jahr stattfanden, was in Krypto-Ereignis-Zeitrechnung eine Ewigkeit darstellt, aber eben leider erst nach der Skriptabgabe.

Für den Leser sind diese veralteten Informationen ärgerlich, weil in gewisser Weise nutzlos. Das lässt sich bei der Produktion eines Buches aber leider nicht vermeiden: Lektorat, Satz, Produktion – das alles braucht seine Zeit. Wenngleich der Verlag in diesem Fall wirklich sehr langsam gearbeitet hat. Bücher können durchaus auch schon ein halbes Jahr nach Skriptabgabe erscheinen und bei einem so dynamischen Thema wie Bitcoin wäre das auch besser gewesen.

Gesamtinhalt macht die teils veraltete Aktualität mehr als wett

Glücklicherweise sind die veralteten Inhalte des Buches im Vergleich zum Rest aber ein überschaubar kleiner Teil, der durch die inhaltliche Qualität der übrigen Kapitel durchaus wett gemacht wird.

Ich teile daher auch die in den Rezensionen bei Amazon geäußerte Kritik nicht, dass Elfriede Sixt zu wenig detailliert auf die technischen Aspekte eingeht. Für ein umfassend angelegtes Buch sind die technischen Ausführungen durchaus ausreichend. Mehr wäre für Leser ohne das entsprechende Informatik-Hintergrundwissen auch eher überfordernd als hilfreich. Zumal Andreas Antonopoulos mit Mastering Bitcoin bereits ein explizit technisch-orientiertes Buch zum Thema vorgelegt hat.

Gut geeignet sowohl für Einsteiger als auch für Fortgeschrittene

Was bislang jedoch fehlte, war gerade ein nicht nur auf die IT-Technologie eingehendes Buch, sondern eines, das interessierten Einsteigern einen einfachen Einstieg ermöglicht, indem es einen breiten Überblick über das Phänomen Bitcoin bietet und dort in die Tiefe geht, wo es sinnvoll und notwendig ist, um der Vielschichtigkeit und dem Facettenreichtum von Bitcoin gerecht zu werden, gleichzeitig aber nicht überfordert und abschreckt.

Elfriede Sixt gelingt das gut, weswegen ich Bitcoins und andere dezentrale Transaktionssysteme mittlerweile gerne als Lektüre sowohl für Einsteiger als auch weitergehend Interessierte weiterempfehle. Vor allem, da der Verlag selber leider kaum Werbung dafür macht. Auch ich bin letztlich nur durch einen glücklichen Zufall darauf gestoßen.

Elfriede Sixt – Bitcoins und andere dezentrale Transaktionssysteme ist bei Springer Gabler erschienen und kostet 29,99 Euro.


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