Es ist schon interessant, wie sich das Bitcoin-Ökosystem in der zweiten Hälfte dieses Jahres verändert hat. Die Abspaltung von Bitcoin Cash Anfang August hat nämlich geradezu eine Welle ausgelöst, in deren Folge eine vollkommen neue Kryptowährungs-Unterklasse entstanden ist: die der Bitcoin-Klone.
Denn neben Bitcoin Cash gibt es bereits (oder ist mindestens angekündigt): Bitcoin Gold, Bitcoin Silver, Bitcoin Diamond, Bitcoin Clashic (eine „Classic“-Variante von Bitcoin Cash) und Super Bitcoin. (Die ehemaligen, mittlerweile überholten Bitcoin-Fork-Variationen Bitcoin XT, Bitcoin Classic, Bitcoin Unlimited etc. mal außen vorgelassen.)
Um zu verstehen, warum wir es hier mit einem neuen Phänomen zu tun haben, muss man sich einmal die beiden bisherigen Wellen anschauen, in denen sich das Krypto-Ökosystem ausdifferenziert hat: Altcoins & Blockchain 2.0-Projekte
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Die erste Welle: Altcoins
Fangen wir ganz vorne in der Schöpfungsgeschichte an. Am Anfang war Bitcoin und Bitcoin war gut. Dann aber kamen findige Entwickler, nahmen den frei verfügbaren Bitcoin-Quellcode, änderten hier und da ein paar Parameter und kreierten aus Bitcoin heraus eigene, neue Kryptowährungen: die Altcoins.
Diese waren nicht mit Bitcoin kompatibel und bekamen daher komplett eigene Netzwerke, eigene Blockchains und es bildeten sich eigene kleine Communities. Einige der berühmtesten noch immer am Markt zu findenden Vertreter sind Litecoin, Dogecoin, Monero oder ZCash.
Über den Sinn, Zweck und die Wertigkeit der Alleinstellungsmerkmale dieser und hunderter weiterer Altcoins lässt sich zwar trefflich streiten, doch lässt sich allerdings auch nicht bestreiten, dass einige wenige Altcoins durchaus ihre Nische im Krypto-Ökosystem gefunden zu haben scheinen. Wenngleich man ohne Zweifel 99 Prozent aller jemals generierten Altcoins im besten Fall als vollkommen nutzlos, im schlimmsten Fall als betrügerisch und gefährlich einstufen muss.
Irgendwann war dann aber die Luft raus. Zu viele sinnentleerte Spaßcoins, plumpe Plagiate und betrügerische Abzock-Kryptowährungen haben den Altcoin-Hype zum Erliegen gebracht. Irgendwann war einfach zu offensichtlich, dass es bei den meisten Altcoin-Projekten nicht um das geht, was ihre Whitepaper vollmundig versprachen, sondern letztlich nur um Spekulation und schnelle Profite. Also begann die nächste Welle: die der Blockchain 2.0-Projekte.
Die zweite Welle: Blockchain 2.0-Projekte
Hierbei standen nun nicht einfach nur mehr neue Krypto-Währungen auf dem Marketingplan, sondern nun ging es um erweiterte oder sogar vollkommen neue Blockchain-Konzepte. Ethereum ist hierbei der prominenteste Vertreter, aber auch Waves, Lisk, Stellar, IOTA und viele andere zählen zu dieser Kategorie. Sie alle wollen „mehr“ bieten, als einfach „nur“ Transaktionen abzuwickeln. Sie wollen Plattformen sein, auf denen Smart Contracts („intelligente“ „Verträge“) laufen und/oder auf denen eigene neue Token und Kryptowährungen erzeugt, emittiert und verwaltet werden können.
Die Welle der Blockchain 2.0-Projekte war noch größer als die Altcoin-Welle, da sich mit dem schönen Marketingbegriff „Blockchain“ – um mal in der Sprache unserer Zeit zu bleiben – quasi „aus Kacke Bonbons machen lässt“.
Kein Startup, dass nicht irgendwas mit „Blockchain“ macht, kein Unternehmen, das nicht dringend irgendwelche Prozesse auf „Blockchain-Technologie“ umstellen muss, keine Branche, die nicht aus „Blockchain“–FOMO heraus in blinden Aktivismus verfällt, egal, wie unsinnig das Ergebnis ist. Über die Könige des Blockchain-Bullshit-Bingos habe ich ja bereits geschrieben, wenngleich dieser Titel mittlerweile noch viel, viel mehr Leuten und Unternehmen zustehen würde.
Wobei aber auch hier Hoffnung besteht. Manche Leute lernen eben sehr, sehr langsam. Aber sie lernen.
Nichtsdestotrotz hält der „Blockchain“-Marketing-Hype weiter an. Die über die Blockchain 2.0-Projektplattformen generierten Token und Konzepte haben immerhin allein dieses Jahr unter dem Kürzel ICO (steht für „Initial Coin Offering“) Investitionen in Höhe von mehr als drei Milliarden(!) US-Dollar auf sich vereint.
Dass nicht ein einziges dieser ICO-Projekte seine Existenz bisher durch ein funktionierendes Produkt und eine reale Nachfrage danach gerechtfertigt hat – geschenkt. Dafür zerstreiten sich aber die Verantwortlichen, verschwinden mit dem eingesammelten Geld oder haben ihren ICO gleich von einem Steuerparadies aus hochgezogen, weil klar war, dass die Aufsichtsbehörden früher oder später ein sehr kritisches Auge auf den ICO-Hype werfen werden.
All das erinnert stark an die Gier-Entartung der Altcoin-Welle in ihrem Endstadium und man muss kein Prophet sein, um zu erkennen, dass die Voraussetzungen immer schlechter werden, um mit einem neuen Blockchain 2.0-Projekt noch so richtig fett Kohle zu machen. So langsam ist das Thema nämlich durch, denn zurecht werden die Stimmen der Kritiker lauter, die nach den Ergebnissen fragen, die erneut in all den fancy Whitepaper vollmundig versprochen wurden.
Doch da die Palette vorzeigbarer Resultate in dieser Hinsicht eher dünn ist, sind findige Geschäftsleute nun eben dabei, eine neue Krypto-Klasse ins Leben zu rufen, mit der sich erneut wieder richtig viel versprechen und Geld machen lässt, ohne am Ende tatsächlich auch ein Ergebnis liefern zu müssen: die Bitcoin-Klone.
Die Dritte Welle: Bitcoin-Klone
Hierbei handelt es sich nun um eine ganz neue Mode. Zwar wird wie bei den Altcoins eine komplett eigene Kryptowährung ins Leben gerufen oder diese mit Hilfe der Infrastruktur von Blockchain 2.0-Projekten erzeugt, doch gibt es einen entscheidenden Unterschied. Während sich Altcoins und Blockchain 2.0-Projekte noch ganz bewusst und explizit von Bitcoin als der digitalen Leitwährung und dem Blockchain-Vorzeigeprojekt abzugrenzen versuchen, suchen die Bitcoin-Klone vielmehr ganz bewusst die Nähe von Bitcoin.
Das wird zum einen durch die Übernahme des Namens deutlich, geht aber soweit, dass insbesondere von Seiten von Bitcoin Cash mit großem Marketingaufwand immer wieder ganz gezielte Nebelkerzen gezündet werden, um die Menschen zu verwirren, welches Bitcoin den nun das echte sei. Zum Beispiel durch Radiowerbung oder bewusst irreführende Tweets.
Diese Vorgehensweise ist jedoch insofern höchst irrational, da dadurch eine mögliche Massenadaption von Bitcoin maßgeblich behindert und verzögert wird. Denn wenn die Leute noch nicht einmal Bitcoin verstanden haben, werden sie wohl kaum anfangen, zwei Bitcoins zu verstehen. Oder ist das jetzt nur eines? Oder wie oder was?
Immerhin wurden schon eine ganze Menge Bitcoin Cashs an Segwit-Adressen gesendet. Bitcoin Cash hat aber Segwit als technische Erweiterung gar nicht implementiert, sondern nur das ursprüngliche Bitcoin. Dementsprechend können die Coins nun nicht mehr ohne den massiven Eingriff Dritter von diesen Adressen zurückgeholt werden. Aber das ist eben der Usability-Preis, den man zahlen muss, wenn man Bitcoin klont. Dann sehen sich die Adressen eben zum Verwechseln ähnlich und man setzt die eigenen Nutzer einem Risiko aus, das warum noch einmal nötig ist?
Antwort von Bitcoin Cash-Jesus Roger Ver: Aus Prinzip!
Im Windschatten dieses Bitcoin-Bitcoin Cash-Konflikts sind nun jedenfalls eine ganze Reihe anderer Klon-Projekte entstanden, die ebenfalls alle vom guten Namen „Bitcoin“ profitieren und Teil vom Marktkapitalisierung-Kuchen abhaben oder gleich ihren eigenen Bitcoin-Franchise-Kuchen backen wollen. Bitcoin Cash ist das noch einigermaßen gelungen, Bitcoin Gold schon deutlich weniger.
Ist aber auch kein Wunder, denn über den Sinn dieser Bitcoin-Klone muss man nicht streiten. Es gibt nämlich keinen, außer damit Geld machen zu wollen oder andere persönliche Interessen umzusetzen (wie bspw. Fehden auszutragen).
Fest steht jedoch schon jetzt, dass auch die Ära der Bitcoin-Klone in absehbarer Zeit wieder zu Ende gehen wird. Wie bei den Altcoins und den Blockchain 2.0-Projekten gibt es, wenn überhaupt, nur sehr, sehr wenig Platz neben Bitcoin, wenn es kein hinreichendes Alleinstellungsmerkmal gibt. Selbst bei Bitcoin Cash ist das nicht vorhanden, denn es wird zwar viel Geld in Marketing investiert, aber eine wirkliche Roadmap, wohin es mit diesem Bitcoin-Klon langfristig gehen soll, existiert nicht. Genauso wie die Kompetenz solch einen Plan mit Innovation anzureichern und technisch schließlich auch umzusetzen. (Das heißt aber nicht, dass es Bitcoin Cash nicht noch eine Weile geben wird.)
Bitcoin ist und bleibt der Ursprung von allem
Doch kehren wir gedanklich noch einmal zu dem Bild der drei Wellen zurück, durch die sich überlagernd das Krypto-Ökosystem in den letzten Jahren immer mehr erweitert hat und noch immer erweitert. Interessant daran ist doch zu beobachten, dass alle diese Wellen immer den selben Ausgangspunkt hatten: Bitcoin.
Sämtliche Altcoins sind aus Bitcoin entstanden, sämtliche Blockchain 2.0-Projekte sind aus Bitcoin abgeleitet und die Klone sind sogar wieder näher an Bitcoin herangerückt, wo alle anderen Projekte zuvor die Abgrenzung gesucht haben. Das ist bemerkenswert. Ganz vereinzelt hat es zwar hier und da ein Projekt geschafft, selbst zu einem Ausgangspunkt für einen Ableger zu werden (Ethereum und Ethereum Classic / Bitcoin Cash und Bitcoin Clashic), aber über die Zeit hinweg betrachtet, muss man sagen, dass es nach wie vor nur ein einziges Projekt gibt, an dem sich im Prinzip alle der mehr als 1000 Altcoin-Blockchain-ICO-Klon-Variationen orientieren: Bitcoin.
Es ist daher davon auszugehen, dass auch die nächste Welle von Krypto-Projekten, egal wie diese dann heißen und aussehen werden, auch wieder von Bitcoin ausgehen wird.
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