Eines vorneweg. Diesen Geburtstags-Beitrag habe ich schon vor einer ganzen Weile angefangen zu schreiben. Falls er euch an der ein oder anderen Stelle angesichts des Anschlags auf die Presse- und Meinungsfreiheit in Frankreich vielleicht etwas zu fröhlich erscheint, berücksichtigt das bitte. Tatsächlich bin ich nicht sonderlich in Feierlaune, denn in Paris wurden gezielt Journalisten-Kollegen ermordet, die ihr Recht zur freien Meinungsäußerungin Anspruch genommen haben. Auf das selbe Recht berufe ich mich hier Tag für Tag und The Coinspondent gäbe es in dieser Form nicht, wenn ich dafür um mein Leben fürchten müsste.
Nun aber zum schönen Teil, denn heute vor einem Jahr habe ich mit diesem Beitrag über einen Super Nintendo, der zum Bitcoin-Mining verwendet wird, The Coinspondent ins Leben gerufen und die Gelegenheit möchte ich nutzen um auf ein sehr intensives Jahr Bitcoin-Blogging zurück zu blicken und einen Einblick in meine Arbeit zu geben. Mit persönlichen Highlights, ein paar Statistiken und natürlich soll es auch um die Gretchenfrage nach dem Geld gehen. Denn Bitcoin hat mir eines gezeigt: Es lohnt sich darüber zu schreiben und zu sprechen.
Die harten Fakten
Fangen wir mal mit den Zahlen und Statistiken an, Stand heute:
Veröffentlichte Beiträge: 287
Das ist eine gute Zahl, die mich persönlich freut. Mein Plan war es ja jeden Tag über Bitcoin und digitale Währungen zu berichten und wenn ich Urlaubs- und Krankheitstage abziehe, kommt das in etwa hin. Zumal ich mir hin und wieder die Freiheit genommen habe, lieber einen Tag mal nichts zu schreiben und dafür den nächsten Tag einen längeren und hintergründigeren Artikel zu veröffentlichen. An 41 Sonntagen erschien zudem die immer ausführlicher werdende Bitcoin-Presseschau und einmal die Sonder-Presseschau zur Pleite von Mt.Gox.
Zugriffe auf die Seite: 31.270
Diese Zahl mag auf den ersten Blick vielleicht klein erscheinen, aus meiner Sicht ist sie das nicht. Vor allem nicht im ersten Jahr eines Blogs mit so spezifischen Thema. Immerhin ist das hier ein Solo-Projekt, in dem ich für alle Bereiche selbst verantwortlich bin. Von der Webadministration über jedwede redaktionelle Tätigkeit bis hin zu Marketing und Vertrieb. Dass ich dabei erst zum Ende des vergangenen Jahres mal ein bisschen Zeit hatte mich mit den aktuellen Grundlagen von SEO zu befassen, versteht sich von selbst.
Was jedoch für mich zählt, ist die Tendenz und die ist sehr positiv. Im gesamten Januar 2014 hatte ich bspw. 114 Seitenaufrufe. Heute liegt die durchschnittliche Besucherzahl jeden Tag darüber. Am bisher meistbesuchten Tag waren es übrigens 532 Leser und pro Monat kommen derzeit zwischen 3500 und 4000 Besucher auf die Website.
Anzahl der Länder, aus denen die Zugriffe kamen: 99
Diese Zahl macht mich wirklich glücklich, zeigt sie doch eines: Bitcoin ist ein internationales Phänomen. Ich habe mich ja bewusst (auch inhaltlich) für die deutschsprachige Bitcoin-Nische entschieden und damit in Kauf genommen potentiell weniger Leser zu erreichen. Trotzdem gibt es aus (wirklich!) allen Teilen der Welt regelmäßige Zugriffe auf die Seite. Das ist zum Teil der deutschsprachigen Diaspora, zum Teil aber auch Google Translate zu verdanken.
Geschätzte Arbeitszeit bisher: rund 1500 Stunden (ca. 30 h/Woche)
Man könnte auch sagen, dass The Coinspondent für mich eine Vollzeit-Beschäftigung ist. Bisher allerdings nur den Arbeitsumfang betreffend. Was die Bezahlung angeht (noch) nicht. Aber das ist insofern okay, als dass ich diesen Blog wie ein Startup der digitalen Medienbranche sehe. Und Startups werfen in der Anfangszeit keine Gewinne ab. Dementsprechend sollte man auch der folgenden Zahl nur begrenzte Bedeutung zumessen.
Über den Blog eingenommene Spenden: 0,70824504 BTC (ca. 175 Euro)
175 Euro mögen angesichts des Aufwands wie ein Witz erscheinen, aber für das Debüt-Jahr halte ich sie für eine gute Zahl. Immerhin rutscht der (Online-)Journalismus doch beständig von einer Krise in die nächste und ich kenne viele Blogger, die seit mehreren Jahren aktiv sind und noch nicht einen Cent gesehen haben.
Was oftmals auch daran liegen mag, dass sie nur altmodische Bezahlmodelle anbieten. Ich wiederum nehme nur digitales Geld. Das wiederum führt zu einem klassischen Henne-Ei-Problem: Wer Bitcoin erklärt, kann nicht erwarten sofort in Bitcoin bezahlt zu werden. Dass trotzdem schon 0,7 BTC eingegangen sind, ist daher ein gutes Zeichen und wer die Summe erhöhen möchte: Gerne!
Aber so oder so. 175 Euro reichen realistisch betrachtet nicht einmal ansatzweise, die Unkosten zu decken, die in einem Jahr bloggen anfallen. Allein meine Reisekosten zu Konferenzen und Bitcoin-Veranstaltungen lagen (trotz Billig-Bus und Mehrbettimmern) deutlich darüber.
Aber auch das ist okay, denn als ich als einer von wenigen Journalisten zur Digitalen Agenda „Bitcoin“ im Bundestag gefahren bin und direkt um Reisekosten-Zuschüsse geben habe, kam einiges zusammen. Mein Fazit daher: Wer nur Schalgzeilen wiederholt, hat es schwer. Wer jedoch Mehrwert bietet und transparent mit den Kosten umgeht, der hat gute Chancen ein bisschen was mit seiner Arbeit zu verdienen.
Trotzdem ist es illusorisch zu denken, wer Texte ins Internet schreibt, wird reich. Guter und gleichzeitig finanziell erfolgreicher Journalismus ist immer das Ergebnis einer geschickten Querfinanzierung. Auf diese Weise (und durch meinen Hauptberuf) verdiene auch ich bisher das Geld um mir – rein ökonomisch betrachtet – das Hobby dieses Rechercheblogs zu leisten. Noch.
Werbekunden: 1
Werbung ist zum Beispiel eine der bewährten Möglichkeiten guten Journalismus querzufinanzieren. Allerdings neigen viele Seitenbetreiber dazu den Bogen zum Nachteil der inhaltlichen Qualität maßlos zu überspannen. Ich bin was Werbung angeht eher restriktiv und sehe mich ganz klar in der Verantwortung gegenüber dem Leser. Weniger ist mehr, auch wenn der schnelle Euro dadurch vielleicht flöten geht.
Wie es dazu gekommen ist, dass ich nun doch einen Werbepartner aufgenommen habe, steht in diesem Beitrag. Wer ebenfalls werben möchte – ich bin offen für alle Ideen, solange sie nicht gegen meine Prinzipien verstoßen. Trennung von Werbung und Redaktion und so.
Bitcoin-Serie im Radio: 7 Folgen
Das hier freut mich ganz besonders. Denn dass ich als Hörfunk-Journalist das Thema digitales Bezahlen gerne ins Radio bringen wollte, stand von Anfang an fest. Dass das noch innerhalb des ersten Jahres mit einer eigenen wöchentlichen Serie passieren würde, war selbst in meinen optimistischesten Plänen so nicht vorgesehen. Danke an detektor.fm, die sich in diesem Punkt offen zeigen, wo alle anderen Redaktionen Sendeplätze kürzen und sparen, wo sie können.
Highlights und persönliches Fazit
Da hard facts und Statistiken immer nur die halbe Wahrheit sind, möchte ich an dieser Stelle noch einmal kurz auf die persönlichen Highlights und Erfahrungen des letzten Jahres eingehen. Ich nutze dabei einfach die Fragen, die ich mir im letzten Jahr auch immer wieder gestellt habe:
Gibt es einen „besten“ Artikel?
Nein, aber es gibt eine, den ich für besonders wichtig halte, weil er einen Aspekt beinhaltet, der uns noch lange beschäftigen wird, den bisher aber noch niemand so auf dem Schirm hat: den Genrationswechsel von den Digital Natives zu den Digitale Money Natives. Möglicherweise wird das ein Thema auf der kommenden re:publica. Der Beitrag zur letztjährigen hat mir wiederum wegen der offenen Diskussion in den Kommentaren sehr gut gefallen. Ich bin gespannt inwieweit ich mein Versprechen werde einlösen können.
Woher nimmst du die Motivation?
Größtenteils aus dem Feedback und dem Kontakt mit anderen Akteueren aus dem Bitcoin-versum. Tatsächlich gibt es auch Tage, an denen ich keinen Bock habe und alles hinschmeißen will. Oftmals treten diese Tage auf, wenn ich viel arbeite und aus nicht nachvollziehbaren Gründen die Zugriffszahlen sinken. Nichts ist schlimmer als große Gedanken zu haben und zuwenig Zeit sie aufzuschreiben oder schlimmer noch – ignoriert zu werden. Aber das gehört dazu und sich das bewusst zu machen, ist wichtig für jedes Abenteuer, egal ob man blogt oder ein Unternehmen gründet. Glücklicherweise habe ich mit beidem schon Erfahrung und wusste daher, dass früher oder später (und immer wieder) ein Tief kommen wird. Was außerdem hilft: ein mittel- und langfristiger Plan mit Milestones.
Darüber hinaus freue ich mich jeden Monat auf den Leipziger Bitcoin-Stammtisch, der es schafft gleichzeitig wundersam nerdig und offen-integrativ zu sein. Ohnehin habe ich im letzten Jahr so viele unterschiedliche Menschen getroffen, die sich aber alle auf die freiheitliche, offene und tolerante Grundidee von Bitcoin einigen konnten. Egal aus welchem Land, egal aus welcher sozialen Schicht. Das beeindruckt mich noch immer und ich empfehle jedem mal zu einem Bitcoin-Treffen zu gehen.
Hast du deine bisherigen Milestones erreicht?
Das ist die Frage, die ich mir am häufigsten stelle und bei einigen Punkten wie „Das Thema Bitcoin ins Radio zu bringen“ kann ich sie klar mit ja beantworten. Aber bei meinem wichtigsten Milestone ist es schwerer. Mein Ziel war es innerhalb von sechs Monaten zu einem der relevantesten deutschsprachigen Blogs zum Thema Bitcoin zu werden. Nun ist bereits ein Jahr vergangen und mir ist mittlerweile klar, dass ich diese Frage gar nicht selbst, sondern nur jeder Leser für sich beantworten kann. Aber vielleicht ist das ganz gut so, denn so strebe ich einfach immer weiter danach.
Lohnt sich das Bloggen?
Definitiv und ich habe es nie bereut mich so sehr auf das Thema Bitcoin zu spezialisieren. Letztlich halte ich es noch immer mit dem Zitat von Morgan E. Peck:
“I’d like to personally thank Satoshi Nakamoto for finally making money interesting enough to write about.”
PS: Falls noch Fragen offen geblieben sind, stellt sie in den Kommentaren. Ich beantworte sie dann nach bestem Wissen und Gewissen.
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