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Griechenland zwischen „Grexit“ und Bitcoin

Kommt der Grexit oder nicht?

Noch nie wurde die Frage nach dem Ausscheiden Greichenlands aus dem Euro so offen diskutiert wie derzeit. Immerhin lässt der griechische Finanzminister Yanis Varoufakis auf Anweisung seines Regierungschefs Alexis Tsipras ein Euro-Krisentreffen nach dem anderen platzen und die Krise spitzt sich immer mehr zu.

Dass Griechenland aus dem Euro ausscheidet, wird also immer mehr zu einem realistischen Szenario. Aber wie ginge es dann weiter und welche Rolle könnte Bitcoin als griechsiche Euro-Alternative in diesem Zusammenhang spielen?

Bitcoin als griechische Grexit-Option?

Der Wirtschaftswissenschaftler Yanis Varoufakis beschäftigte sich jedenfalls schon vor seiner Zeit als amtierender griechischer Finanzminister in seinem Blog lange und intensiv mit Bitcoin und digitaler Ökonomie.

Daher konsultierte ihn u.a. die BBC schon im Oktober 2012 als Experten zum Thema Bitcoin und die Griechenlandkrise. Ich habe seine aufschlussreichen Aussagen hier mal übersetzt:

Mr. Varoufakis beschreibt die Euro-Krise als ein Beispielszenario, in dem digitale Währungen etablierteren Optionen vorgezogen werden könnten. „Wenn Griechenland wieder eine eigene Währung einführen müsste, würde das mindestens acht Monate dauern,“ sagt er.

„Digitale Währungen kann man jedoch mit nur einem Knopfdruck erschaffen. Was sie jedoch nicht beinhalten, ist die Möglichkeit der Regulierung,“ fügt er hinzu. Zudem seien digitale Währungen globale Währungen, was mehrere Besteuerungsprobleme hervorruft – in welchem Land würden die Steuern fällig?

„Wenn Sie libertär eingestellt sind und denken, dass Steuern Diebstahl sind, dann ist Ihnen diese Frage egal […] Aber wenn Sie überzeugt sind, dass Staaten essentiell dafür sind zivilisiertes Verhalten aufrecht zu erhalten und zu regulieren, dann ist das ein Problem,“ sagt er.

Digitales Geld als griechische Übergangslösung

Zumindest könnte man diese als eine der möglichen Optionen in Betracht ziehen, die die griechische Regierung in der Hinterhand hält, wenn sie so konfrontativ in für sie existentielle Verhandlungen geht. Womöglich gibt es ja sogar schon Pläne für die digitale Drachme?

Immerhin hat sich im Bereich digitales Geld seit Oktober 2012 enorm viel getan. Globale Verbreitung und Akzeptanz von digitalem Geld sind gestiegen, ebenso wie eine zunehmende Professionalisierung in allen Bereichen des Bitcoin-Ökosystems stattfindet.

Erste Erfahrungen mit lokalem und staatlichem digitalem Geld

Sogar mit der Idee von lokalem und staatlich-betreutem digitalen Geld wurde bereits experimentiert. Und dass der islandische Auroracoin dabei als erstes Vorzeigeprojekt (in einem Euro-Krisenstaat wohlgemerkt) auf ganzer Linie scheiterte, hält auch andere Länder nicht davon ab, ihre Staatswährung digital zu planen.

Bitcoin ist für Griechenland trotzdem keine realistische Option

Dass Griechenland allerdings nach einem möglichen Grexit Bitcoin als vorübergehende Staatswährung ausruft, ist unwahrscheinlich. Zumindest, wenn man die Aussagen von Yanis Varoufakis in diesem ABC-Talk vom März 2013 hört, in dem er als Bitcoin-skeptischer Gegenpart zu dem erklärten Bitcoin-Enthusiasten Andreas Antonopoulos eingeladen wurde.

Bitcoin als „Tragödie zwischen Brillianz und Primitivität“

Das Interview ist zwar recht abstrakt und anspruchsvoll, allerdings erklärt Yanis Varoufakis seine Sicht auf das Dilemma von Bitcoin recht prägnant. Auf der einen Seite unterschätzten Ökonomen bisher die Brillianz des Bitcoin-Algorithmus und dessen Innovationspotential. Die „Bitcoin-Cheerleader“ verträten auf der anderen Seite jedoch eine sehr primitive wirtschaftswissenschaftliche Geldtheorie.

Andere Hinweise darauf, dass Bitcoin in Griechenland keine entscheidende Rolle nach einem Grexit spielen wird, finden sich u.a. in eigenen Artikeln von Varoufakis. „Bitcoin and the dangerous fantasy of ‚apolitical‘ money“ ist einer dieser Texte.

Digitales Geld ja, Bitcoin nein.

Nichtsdestotrotz gibt es auch immer wieder Spuren, die in eine etwas andere Richtung deuten. Allein die Conlusio von „BITCOIN: A flawed currency blueprint with a potentially useful application for the Eurozone“ ließe sich als zumindest als Fingerzeig Varoufakis für einen möglichen griechischen Plan B interpretieren. Digitales Geld ja, Bitcoin nein.

Fazit: Unwahrscheinlich, dass Griechenland blufft

Ich glaube nicht, dass Griechenland in den Euro-Verhandlungen blufft. Ein Grexit hätte auch für die Griechen harte und weitreichende Konsequenzen. Das wissen alle. Den Grexit trotzdem mit solch einer spielerischen Leichtigkeit in Kauf zu nehmen, wie es die Tsipras-Regierung derzeit tut, ist daher entweder blauäugig („Mir doch egal. Alles oder nichts!“) oder berechnend („Mir doch egal. Ich habe einen guten Plan B.“).

Ich tippe jedenfalls auf Zweiteres und wenn, dann der Plan B kommt, wird er irgendwas mit digitalem Geld zu tun haben. Schon vor zwei Jahren hat Yanis Varoufakis selbst einen eigenen Ansatz entwickelt, wie sich mit FTCoins (Future Tax Coin) eine nützliche Verbindung zwischen Fiat-Geld und Kryptowährung herstellen ließe um schwächelnden Euro-Staaten mehr Handlungsspielräume zu schaffen.

Bitcoin jedoch – soviel ist sicher –  wird in absehbarer Zeit nicht zur griechischen Staatswährung werden.

PS: Yanis Varoufakis hat u.a. als Hausökonom für Valve gearbeitet. Vielleicht könnte ihn Wolfgang Schäuble, wenn er das hier liest, ja mal nach Half Life 3 fragen. Das wäre nett.

Bild: The Greek Exit!!!“ von Flickr-User Emmanuel Eragne
(CC BY 2.0)


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