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Lucky Number 100

Kinners, wie die Zeit vergeht. Seit 100 Tagen blogge ich nun schon zum Thema Bitcoin und digitale Währungen. 100 Tage, 100 Beiträge. Ein guter Zeitpunkt also für ein Zwischenfazit und um sich mal selbst auf den Zahn zu fühlen. So richtig schonungslos und investigativ. Und da gerade niemand anderes da ist wer könnte das besser als ich selbst. Hier also die ganze Wahrheit und nichts als die Wahrheit. The Coinspondent im persönlichen Gespräch mit The Coinspondent.

100 Geburtstag

Friedemann, seit 100 Tagen bloggst du jeden Tag einen Beitrag zum Thema Bitcoin und digitale Währungen. Hängt dir das nicht mittlerweile zum Halse raus?

Erstaunlicherweise nicht. Als ich anfing und diesen kühnen Plan entwickelte das mit dem täglichen Beitrag durchzuziehen, hab ich ja schon überlegt, ob ich dafür auch genügend Inhalte finden würde. Das war aber absolut unbegründet, denn jetzt ist es eher so, dass ich auf so viele tolle Geschichten gestoßen bin, dass ich gar nicht weiß, wann ich die alle unterbringen soll.

Aber du bist doch dein eigener Chefredakteur. Du kannst bei The Coinspondent so viel unterbringen wie du willst.

Das ist richtig, aber ich will die guten Geschichten ja auch nicht verheizen. Man muss ja davon ausgehen, dass der durchschnittliche Leser nicht jeden Tag im Blog vorbeischaut, sondern manchmal vielleicht nur alle zwei oder drei Wochen. Wenn ich dann direkt hintereinander die richtig guten Geschichten wegarbeiten würde, sind sie vielleicht schon in die Tiefen des Blogs durchgerutscht, ehe er wieder da ist. Das fände ich schade, zumal es bei The Coinspondent ja auch um eine schöne bunte Mischung an Beiträgen geht.

Jetzt mal ehrlich, ist das der einzige Grund?

Nein, manchmal fehlt mir auch schlicht die Zeit, da ich ja noch nicht vom Bloggen alleine leben kann und noch nebenbei arbeite, aber die richtig guten Geschichten haben kein Verfallsdatum, d.h. ich schiebe sie zwar hin und wieder ein bisschen vor mir her, aber bringen werde ich sie auf jeden Fall, denn gute Geschichten ziehen auch Leser, das merkt man an den Zugriffszahlen.

Wie viele Leser hast du denn hier im Blog?

Bitcoin ist definitiv noch ein Nischenthema in Deutschland, dementsprechend realistische Erwartungen hatte ich auch an die Zugriffszahlen und die haben sich bisher erfüllt. Die ersten Wochen war die Statistik einstellig, mittlerweile hab ich rund 50 Zugriffe pro Tag, manchmal auch über 200, wie bspw. jetzt Ostermontag. Da hatte ich eine richtig gute Geschichte über Gier und Cybermobbing im Altcoin-Trading und die Leute hatten Zeit sie zu lesen. Das hat wahrscheinlich gepasst. Aber grundsätzlich bin ich nicht unzufrieden, was die Zugriffszahlen angeht. Ich bin wie gesagt Realist und ich habe das Blog ja als langfristiges Projekt ins Leben gerufen und mir thematisch eine Nische in einem Nischenthema gesucht. Jetzt sind gerad einmal vier Monate um. Das ist ja absolut kein Zeitraum. Spannender ist es wahrscheinlich nach einem Jahr zu schauen, wo der Blog dann steht.

Wo steht der Blog denn dann, wenn es nach dir geht?

Im Idealfall kann ich bis dahin das Profil des Blogs noch soweit schärfen, dass er sich noch mehr von den Daily-Bitcoin-News-Schleudern abhebt, von denen es im Netz jede Menge gibt und denen es mehr um Schnelligkeit, Klickzahlen und SEO geht als darum, gut und mit einem Mehrwert für den Leser zu berichten. Mein Ansatz für The Coinspondent ist ja etwas feuilletonistischer. Ich will nicht nur aktuelle Themen tickermäßig abarbeiten, sondern mich auch inhaltlich damit auseinandersetzen, die Konsequenzen durchdenken und gesellschaftliche Parallelen suchen. Beim Thema Bitcoin denkt ja niemand zuerst an Cybermobbing oder an Sexismus oder an Spiritualität. Das sind aber alles reale Phänomene und die sind unglaublich spannend, auch weil sie mit dieser dezentralen Technologie und den Aspekten Geld und Macht verbunden sind.

Und woher kommen deine Leser?

Erstaunlicherweise aus der ganzen Welt. Ich habe mich ja bewusst für ein deutschsprachiges Blog entschieden, da es zum einen schon sehr viele englischsprachige Blogs, Podcasts und andere Newsquellen zum Thema Bitcoin gibt und zum anderen das thematische Fachjargon sehr viele technische und wirtschaftliche Termini beinhaltet. Ich will ja kein Expertenblog oder Fachmagazin machen, sondern Geschichten erzählen, die für jeden zu verstehen sind, der sich auf das Thema einlassen will. Die meisten Leser kommen aber wenig überraschen aus Deutschland und Österreich, aber auch das kann man nicht verallgemeinern. Ich sag mal so: Ich hatte eher Besucher aus Nigeria, Peru und den Philippinen im Blog als aus Brandenburg. Google Translate macht‘s möglich.

Wie viel Zeit steckst du in das Blog?

Derzeit so ca. 15 bis 20 Stunden die Woche, vor allem Freizeit, früh morgens, spät abends. Zwei Drittel der Zeit lese, recherchiere, bildbearbeite und schreibe ich, den Rest verbringe ich mit den Dingen im Hintergrund, die niemand sieht, die aber dennoch gemacht werden müssen. Webadministration, E-Mails, Marketing und Vertrieb und Netzwerken.

So viel Zeit, jede Woche. Bist du denn wenigstens schon reich?

Vor allem an Erfahrung, ja. Der Blog trägt sich und meine Arbeit aber noch nicht von alleine. Diese Vorstellung wäre auch utopisch nach nur vier Monaten. Werbung lohnt sich bei den Zugriffszahlen auch noch nicht, also bleiben nur freiwillige Spenden. Da kamen immerhin schon um die 0,25 Bitcoin zusammen. Nicht viel, aber die Geste macht mich sehr glücklich. Dass es Leute gibt, die meine Arbeit und mein Engagement zu schätzen wissen, ist eine nicht zu unterschätzende Motivation. Außerdem finanziert mich das Blog zunehmend indirekt. Ich bin ja Journalist und nutze The Coinspondent auch als mein Rechercheblog. Und die Geschichten, auf die ich bei meiner Arbeit am Blog stoße, biete ich natürlich auch anderen Medien an. Zudem habe ich mir mittlerweile eine Expertise zum Thema Bitcoin und digitale Währungen angeeignet, die auch in der Privatwirtschaft durchaus auf Interesse stößt, man braucht ja Leute, die es erklären können.

Ich fasse mal zusammen: Viel Arbeit, wenig Einkommen. Woher nimmst du deine Motivation trotzdem jeden Tag einen Artikel zu machen? In 100 Tagen müssen dir doch da auch mal Zweifel gekommen sein, dich die Unlust gepackt haben.

Wer mit bloggen anfängt und das mehr oder weniger zu seinem Beruf machen will, der braucht einen langen Atem und muss sich bewusst sein, dass das Projekt durchaus markante emotionale Ups und Downs mit sich bringt. Um das zu überstehen, hilft es sich eine gute Mischung aus langfristigen und kurzfristigen Zielen zu setzen. Klar ist man euphorisch und voller Energie, wenn man einen tollen Text schreibt und die Zugriffszahlen in die Höhe gehen, aber es kommen auch die Tage, da hat man kaum Zeit zum Bloggen oder keine richtige Inspiration oder findet diesen Schreibfluss nicht und dann gehen – aus welchen Gründen auch immer – die Zugriffszahlen zurück, das kann schon deprimieren, aber auch das geht wieder vorbei.

Und dein persönliches Fazit?

Disziplin ist wichtig. Ich kenne mich gut genug um zu wissen, dass ich einen regelmäßigen Ablauf brauche. Den habe ich mir mit meiner daily deadline gesetzt. Ansonsten sollte man sich nicht wegen irgendwelcher Details zu heiß machen.

Du sprichst jetzt aber nicht über falsche Kommasetzung, oder?

Doch, möglicherweise auch, aber auch über das große Ganze. Manchmal setzt man sich zu sehr unter Druck oder es wird einem alles zu viel und man verliert den Überblick. Spätestens dann sollte man mal weg vom Rechner und was ganz anderes machen, seine Prioritäten überdenken. Ich bspw. habe seit ich blogge kein einziges Champions League-Spiel mehr gesehen – meist hab ich erst am nächsten Tag mitbekommen, dass überhaupt eines war – weil ich in der Zeit am Blog arbeite, aber das ist okay. Für eine Runde Federball mit den Neffen muss aber immer Zeit sein.

Was würdest du jemandem empfehlen, der ebenfalls mit dem Bloggen anfangen und das nicht nur hobbymäßig machen will?

Man braucht auf jeden Fall einen Plan mit kurz-, mittel, und langfristigen Zielen, gerne auch ganz kleine Ziele, aber es ist wichtig sich zu freuen, wen man sie erreicht hat. Die ersten 1000 Visits im Blog sind bspw. so ein Ziel. Das hat absolut keinen monetären Wert, aber wer 1000 Visits erreicht hat, hat echt was geschafft, denn einen ordentlichen Blog aufzubauen ist richtig viel Arbeit, vor allem am Anfang. Und dann braucht man ein Thema, für das man brennt. Da muss jeder für sich selbst entscheiden, da gibt es keinen Masterplan, manchmal ist es Zufall. Bei mir war es so, dass ich tatsächlich seit ich ein kleines Kind war, überlegt habe, was das Thema ist, dass mich richtig interessiert und fesselt. Erst im vergangenen Dezember bin ich drauf gestoßen, dass es ganz offensichtlich Kryptographie, Dezentralisierung und digitales Geld ist. Hätte ich mir vorher nicht träumen lassen.

Abschließend: Dein interessantestes Erlebnis aus 100 Tagen The Coinspondent?

Ein kurioses, immer wieder kehrendes Phänomen ist, dass ich mit Menschen rede, die lieber wehmütig sind, dass sie sich nicht für Apple-Aktien interessiert haben, als die Firma noch ein nerdiger Haufen visionärer Underdogs war, als sich mit dem zu beschäftigen, was die Technologie der Zukunft sein könnte. Ich empfehle ausdrücklich niemandem Bitcoin zu kaufen – das muss jeder für sich selbst entscheiden – aber die Technologie hinter Bitcoin, das Protokoll und die Blockchain, wird die Welt in den kommenden Jahren nachhaltig verändern und es lohnt sich absolut, sich schon heute damit auseinanderzusetzen.

Bildnachweis: „birthday“ Flickr-User Aih (CC BY 2.0) &
100“ Flickr-User jesuslizrd (CC BY-SA 2.0) &


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Kommentare

2 Antworten zu „Lucky Number 100“

  1. Renardon

    Herzlichen Glückwunsch zur 100!
    Ein sehr guter Blog, danke für die Arbeit.
    Ich hoffe, es geht weiter aufwärts und der Blog besteht noch lange (hoffe ich auch für Bitcoin)

    1. Friedemann Brenneis

      Dankeschön!

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