Morgen in einer Woche findet in Berlin das Bitfilm Festival statt, das erste Filmfestival, das sich ganz dem Thema Bitcoin widmet. Organisator Aaron Koenig will Bitcoin damit ein bisschen aus der Tech- und Finanzecke herausholen und einer breiten Masse zugänglich machen. Ich habe vorab mit ihm über die Idee dahinter gesprochen, an wen sich das Festival eigentlich richtet und warum es möglich ist, den Sieger zu kaufen.
Bitcoin ein sehr junges Phänomen, das noch ganz am Anfang steht. Wie kommt man auf die Idee, darüber jetzt schon ein Filmfestival zu machen?
Koenig: Das Bitfilm-Festival haben wir nicht für Bitcoin erfunden, sondern schon im Jahr 2000 als Festival für digitalen Film. Damals waren digitale Filme noch etwas Neues und Besonderes, aber heute ist ja jeder Film digital. Deswegen wollten wir mal wieder Pionier sein und uns ein neues Themenfeld erschließen, das ich persönlich sehr spannend finde. Wir haben schon bei den letzten beiden Festival-Ausgaben mit Bitcoin experimentiert und es zum Beispiel für die Abstimmung und als Preisgeld eingesetzt.
Gibt es denn überhaupt schon genügend Material, um ein eigenes Festival nur zum Thema Bitcoin ausfüllen zu können?
Koenig: Letztes Jahr wäre das wahrscheinlich noch nicht gegangen, aber dieses Jahr zeigen wir zeigen den Dokumentarfilm The Rise and Rise of Bitcoin als Deutschlandpremiere, außerdem viele kurze Animationen und Dokus über die Bitcoin-Szene in verschiedenen Ländern. Einige davon sind brandaktuell, andere schon Klassiker wie der Film What is Bitcoin?, der im Netz schon 5 Millionen Mal angeklickt wurde. Der ist aber einfach so gut , der muss einfach mit dabei sein. Außerdem wurde er in diesem Jahr aktualisiert.
Es handeln also alle Filme von Bitcoin?
Koenig: Im Prinzip ja. Wir haben aber auch einen Film dabei, der Bitcoin überhaupt nicht erwähnt, aber die Ungerechtigkeit des derzeitigen Geldsystems sehr gut erklärt. Ich finde es wichtig, dass die Leute begreifen, was schlecht am jetzigen Geldsystem ist. Sonst denken viele vielleicht „Bitcoin? Ja, netter Spielkram, aber was soll denn das?“, weil sie nicht verstanden haben, was an unserem bisherigen Geldsystem so gefährlich ist.
Das Festival soll also nicht nur eingeschworene Bitcoiner erreichen, die sich schon sehr gut mit dem Thema auskennen?
Koenig: Nein, wir wenden uns vor allem an neue Leute, die sich auf ein Bitcoin-Meetup gar nicht trauen würden, weil sie denken, das sei zu technisch und geeky für sie. Aber Filmegucken, das tut jeder gern, und man kann mit Filmen gerade komplexe Dinge wie Bitcoin sehr gut erklären. Gerade hier in Berlin wird es aber auch ein „Familientreffen“ der lokalen Szene werden, das sehen wir an den Anmeldungen. Wir versuchen mit dem Filmfestival auch einen anderen Typus Journalist zu erreichen, nicht nur die üblichen Finanz- und Tech-Journalisten, sondern auch mal jemanden aus dem Kulturressort.
Das heißt ein ästhetischer, künstlerischer Aspekt spielt bei den Filmen auch eine Rolle?
Koenig: Gut gemacht sein müssen die Filme natürlich schon, aber wir zeigen keine Kunstfilme, sondern Filme, die etwas erklären oder bestimmte Aspekte dokumentieren. Zum Beispiel wie Menschen in Afrika Bitcoin nutzen, oder über Bio-Bauern, die in Argentinien ihr Gemüse für Bitcoins verkaufen. Die Filme haben also alle eine Message, eine soziale, gesellschaftspolitische Aussage.
Wenn ich als Besucher zum Festival komme, was kann ich dabei mitnehmen?
Koenig: Wenn man als neuer User kommt und sich dieses ganze Filmprogramm reinzieht, dann weiß man hinterher eine ganze Menge über Bitcoin. Aber auch die erfahrenen User können noch das ein oder andere lernen. Und selbst wenn nicht, dann haben sie zumindest Spaß gehabt, gute Filme gesehen, und gelernt wie man Bitcoin an neue Leute vermitteln kann, was ja sehr wichtig ist.
Inwiefern?
Koenig: Gerade viele alte Hasen oder Experten oder Leute, die eher aus der Technik-Ecke kommen, sind ja nicht unbedingt in der Lage, Bitcoin gut zu erklären. Die fangen dann mit irgendwelchen kryptografischen Algorithmen an, was niemand hören will. Vielleicht finden die in den Filmen keine neuen Fakten über Bitcoin, aber ein paar Anregungen, wie man es gut rüberbringt. Ich denke, es ist sehr wichtig zu lernen, wie man Bitcoin seinen Mitmenschen erklärt. Nicht nur die technischen Aspekte, sondern so, dass es sie wirklich begeistert.
Und der Film, der Bitcoin am besten erklärt, gewinnt am Ende einen Preis?
Koenig: Ja, Preise wird es geben, aber an den Details arbeiten wir noch. Wir machen das alles ja auf eher kleiner Flamme, haben keine Fördergelder und nur ein kleines Sponsoring. Es wird daher keinen großen Geldpreis zu gewinnen geben, aber einen sicher einen Pokal und viel Ruhm und Ehre.
Für die Abstimmung habt ihr, passend zum Thema Bitcoin, eine eigene Kryptowährung erschaffen: die Bitfilm Coins. Wie funktioniert das genau?
Koenig: Es ist keine eigene Kryptowährung, wir nutzen die Plattform Mypowers, über die man alle Arten von Projekten unterstützen kann – sie nennen es Coins, wobei es eher so etwas wie ideelle Anteile am Projekt sind. Abstimmen kann jeder Besucher des Festivals, auch wenn er keine Bitfilm Coins hat. Es gilt allerdings nicht die Regel one man, one vote. Je mehr Bitfilm Coins man besitzt, desto mehr Stimmen hat man.
Man kann sich den Sieger also kaufen?
Koenig: Theoretisch könnte man das vielleicht machen, aber das wäre schon recht aufwändig. Es ist eher ein Experiment, was sich mit Blockchain-Technologie neben Zahlungen noch alles anstellen lässt.
Was passiert denn mit meinen Bitfilm Coins beim Voting. Gebe ich die aus?
Koenig: Nein, die behält man. Mit dem Besitz der Coins sind ja noch weitere Rechte verbunden. Man bekommt einmalig ein T-Shirt, bei höheren Anteilen auch eine spezielle Jeans oder ein VIP-Essen mit dem Festivalteam und Regisseuren. Außerdem erhält man 20 Prozent Rabatt auf künftige Events. Aber es geht auch darum, diese neue Form von Coins einfach mal auszuprobieren und Erfahrungen zu sammeln und die bisherige Resonanz aus der Community ist sehr positiv.
Am 25.10. feiert das Festival seine Premiere in Berlin, danach tourt es fast um die ganze Welt. Steckt dahinter die Idee bei einem globalen und grenzenlosen Thema wie Bitcoin auch das Festival grenzüberschreitend zu gestalten?
Koenig: Ja, wobei sich das eher Stück für Stück entwickelt hat. Es ging damit los, dass wir das Platoon als Location hatten und die sitzen sowieso in Berlin und Seoul. Die beiden Städte waren also von Anfang an dabei. Dann bin ich den ganzen Winter in Südamerika und in Buenos Aires gibt es diesen Riesen-Bitcoin-Space, der geradezu danach schreit, dass man dort solche Events macht. Ebenso wie das Umfeld der Bitcoin-Konferenz in Rio. Jetzt haben sich Bitcoiner aus Kapstadt, Budapest und Amsterdam gemeldet, die gern Events auf die Beine stellen wollen. Auch mit Leuten aus Australien und Nordamerika sind wir im Gespräch, denn nun wollen wir gerne alle Kontinente bespielen.
Wird es denn überall dieselben Filme zu sehen geben?
Koenig: Größtenteils schon, aber das Rahmenprogramm wird sich von Ort zu Ort ändern. In Berlin haben wir beispielsweise den Regisseur von I am Satoshi, Tomer Kantor, zu Gast, er wird von dem Film berichten, der noch in Arbeit ist, und einen längeren Ausschnitt daraus zeigen. In den anderen Städten wird es andere Gäste geben, in Buenos Aires zum Beispiel Sergio Ruestes von bitcoinfilm.org. Das richtet sich auch aus ökonomischen Gründen immer nach der lokalen Szene.
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