Gestern gab es gleich zwei Nachrichten, die mich haben aufhorchen lassen. Die erste habe ich zunächst eher nur zur Kenntnis genommen, weil sie nur grob in den Bereich dieses Blogs fällt. Dabei ging es um eine Bestandsaufnahme der gesellschaftlichen Stimmung zum Thema Wirtschaft und Finanzen und damit – für mich der interessante Aspekt – um einen möglichen Indikator dafür, wie groß hier in Deutschland tatsächlich der Bedarf und das Bedürfnis nach Alternativen – möglicherweise in Form von dezentralen Kryptowährungen wie Bitcoin – ist:
Unsere größte Sorge ist Geld
Hellhörig wurde ich, weil eine Studie zu den größten Sorgen und Ängsten der Deutschen herausgefunden hat, dass die größte Sorge der Bevölkerung hierzulande ist, „… dass die deutschen Steuerzahler die Kosten der Schuldenkrise in der Euro-Zone schultern müssen … “ (vgl. S. 3). Der die Studie begleitende Politologe begründet diese Sorge mit der Tatsache, „… dass Deutschland zu den Ländern gehöre, die in großem, überproportionalem Umfang haften und zur Kasse gebeten werden, wenn überschuldete EU-Mitgliedstaaten Unterstützung bekommen.“ (ebd.). Danach, auf Platz 2 der größten Sorgen, kommt bei den Deutschen übrigens die Angst vor steigenden Lebenserhaltungskosten.
Zugegeben, wirklich überrascht hat mich diese Erkenntnis nicht und man kann streiten, ob wie Deutschen vielleicht ein bisschen zu sehr allein auf Geld und materielle Werte fixiert sind, aber man sollte solche Sorgen auch nicht leichtfertig abtun. Das Wahlergebnis hier in Sachsen vergangenen Sonntag hat schließlich gezeigt, was für Idioten auf einmal in den Landtag einziehen, wenn die Menschen enttäuscht und frustriert sind und kein Vertrauen in die Zukunft haben.
Ich jedenfalls habe diese Nachricht für mich wahrgenommen als teilweise Bestätigung einer gefühlten Wahrheit: Geld ist für die Menschen ein sehr wichtiges Thema und sie sind diesbezüglich absolut nicht zufrieden mit dem Status Quo.
Die Angst ist berechtigt
Der wahre Hammer kam für mich dann aber, als ich in den Nachrichten folgenden Beitrag sah: EZB setzt auf Mini-Leitzins und kauft umstrittene Papiere. Denn die Europäische Zentralbank hat gestern auch beschlossen, den Leitzins weiter zu senken und damit Sparer noch mehr „zu frustrieren“, wie es in der Anmoderation so treffend beschrieben wird.
Weiter heißt es in dem begleitenden Online-Artikel zu den niedrigen Zinsen: „Damit fällt es dem Bürger auch schwerer, für seine Altersvorsorge eine vernünftige Rendite zu erwirtschaften – ein Sparbuch wirft ja schon lange nichts mehr ab, im Gegenteil: Unter dem Strich bleibt Verlust. Die Verschlechterung der Konditionen bei Lebensversicherungen und Fonds merkt aber mancher erst, wenn er in Rente geht – und sich verwundert die Augen reibt.“
Eine verzweifelte und machtlose EZB
Das allein ist beunruhigend genug, aber die EZB will zusätzlich auch sogenannte Asset Backed Securities (ABS) von maroden Banken aufkaufen und damit zur Bad Bank der Euro-Zone werden. Diese ABS waren damals die Ursache für die Lehman-Pleite und dementsprechend kalt läuft es nicht nur mir den Rücken runter. Einstimmig kritisch bis erschrocken sind daher auch die Kommentare zu dieser Entscheidung.
„Die EZB macht den Steuerzahler de facto haftbar und nimmt ihn in die Garantieverpflichtung, denn falls diese Kredite ausfallen, muss der Steuerzahler im Euroraum für diese Kredite gerade stehen“, sagt Thorsten Pulleit, Chefsvolkswirt des Edelmetallhändlers Degussa im ZDF-Beitrag.
Andreas Kolbe spricht im Deutschlandfunk-Kommentar davon, dass dies wohl nur der erste Schritt war und Draghi offensichtlich bald Staatsanleihen kaufen wolle. „Es wäre das sprichwörtliche Anwerfen der Notenpresse.“ Auch in der deutschen Presselandschaft drehen sich die Einschätzungen nahezu allesamt um den Kern einer gefährlichen Verzweiflung und offensichtlichen Machtlosigkeit der EZB, die darauf schließen lässt, dass die Euro-Krise noch lange nicht vorbei ist.
Europaweit gibt es unter den Kommentatoren zwar auch Befürworter der EZB-Politik, dennoch bin ich erschüttert, sprach- und fassungslos, ob dieser offensichtlichen Idiotie und Ignoranz, mit der in der (Finanz-)Politik auf höchster Ebene gehandelt wird. Und ich kann verstehen, dass die Menschen Angst haben und nun gar nicht nicht mehr zur Wahl gehen oder einfach andere Idioten wählen, weil sie das Vertrauen verlieren und zutiefst verdrossen sind von unserem disfunktionalen Politik-, Finanz- und Wirtschaftssystem.
Fazit
Wenn mich nun jemand fragt, warum ich Bitcoin und die Herausbildung dezentraler Finanzstrukturen für eine der wichtigsten gesellschaftlichen Entwicklungen unserer Zeit halte, dann werde ich fortan auf den gestrigen Tag verweisen, der eines gezeigt hat. Die Menschen haben begründete Ängsten und Sorgen, aber die zählen nichts, solange wir ein derart zentralisiertes Finanzsystem haben, in dem die Handlungen aller Akteuere auf das Wohl der Banken und nicht auf das der Menschen ausgerichtet sind.
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